Kreationismus: Mehr Sachlichkeit!

Mich verwundert sehr die Art und Weise, wie Prof. Schmid-Hempel über seine Gegner spricht. Wüsste man nicht, worum sich das Gespräch dreht, so könnte man denken, dass es sich hier um die Abwehr einer Strömung handeln würde, die die Schweizer Eidgenossenschaft in ihren demokratischen Grundfesten bedroht. Da wird von "Unterwanderung" geredet, von einer "Gefahr", für die manche "anfällig" seien, es handle sich um eine "abstruse Idee", "Unsinn", "Dummheit"usw.

Bemerkenswert an den Ausführungen von Prof. Schmid-Hempel (aber auch den unkritischen Suggestivfragen des Interviewers) ist die Emotionalität und die Polemik, die vermuten lässt, dass es eigentlich um etwas ganz anderes geht als um die Konkurrenz zweier Erklärungsmodelle. Jede/r, die oder der kritische Fragen an die Evolutionstheorie stellt, setzt sich pauschal dem Verdacht aus, nicht auf dem "Boden der Tatsachen" zu stehen. Mich verwundert hier der dahinter stehende methodische Ansatz, der verkennt, dass auch Tatsachen nicht zwingend per se für sich sprechen, sondern im Rahmen eines methodischen Überbaus interpretiert werden müssen. Wer darum eine Tatsache anders interpretiert, muss deswegen nicht sofort eine Gefährdung für die Allgemeinheit darstellen.

Der Kern der Debatte liegt darum auch nicht in der Verkennung von Tatsachen wie Prof. Schmid-Hempel immer wieder betont, sondern im jeweils zugehörigen unterschiedlichen Überbau. Warum ist ausgerechnet bei diesem Thema eine dualistische Sichtweise nicht statthaft? Man kann darüber diskutieren, ob ID überhaupt eine wissenschaftliche Theorie im Sinne eines methodischen Atheismus darstellt. Aber dann würden hier Äpfel mit Birnen verglichen.

Solche und ähnliche Ausführungen von Dawkins, Atkins usw. lassen bei mir den Eindruck aufkommen, dass manche Vertreter der Evolutionstheorie selber Gefahr laufen, ihrerseits unbewusst in eine Art Fundamentalismus abzugleiten, der nur die eigene Theorie als einzige statthafte Deutung dieser Welt zulässt. Dieses Gefühl bereitet mir ehrlich gesagt mehr Unbehagen als die Verbreitung von nicht haltbaren Theorien. Darum: Bitte mehr Sachlichkeit - auch in ETH-Life!

Lorenz Fahse - 05.09.08

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