Veröffentlicht: 20.06.08
Struktur von Pilzprionen

Neutrales Umfeld wirkt ansteckend

Forscher der ETH unter der Leitung von Beat Meier haben Pilz-Prionen analysiert, und erstaunliche Unterschiede in der Faltung von infektiösen und nichtinfektiösen Partikeln festgestellt.

Peter Rüegg
Eine elektronenmikroskopische Aufnahme der pH3-Fibrillen. (Bild: Inst. für physikal. Chemie ETH Zürich)
Eine elektronenmikroskopische Aufnahme der pH3-Fibrillen. (Bild: Inst. für physikal. Chemie ETH Zürich) (Grossbild)

Seit den Tagen des Rinderwahnsinns BSE weiss die Bevölkerung, was Prionen sind: krankmachende falsch gefaltete Proteine. Diese wiederum können gesunde Proteine „anstecken“. Mitterweile ist BSE aus den Schlagzeilen verschwunden, nicht jedoch aus der Forschung. Denn die molekularen Grundlagen von Prionen sind bis heute nicht vollständig aufgeklärt.

Daran arbeiten Forscher um Beat Meier, ETH-Professor für physikalische Chemie, und Sven Saupe von der Universität Bordeaux. Als Modell diente ihnen das Pilz-Prion HET-s, an dem sie mit Magnetresonanzspektroskopie (NMR) die molekulare Struktur einer prionenbildenden Domäne von HET-s untersuchten. Diese Domäne ist ein aktives Zentrum des Prions und spielt bei der „Ansteckung“ von anderen Prionen eine zentrale Rolle.

Angesteckte Prionen klumpen zusammen

Bei einem Säuregrad von pH 7, also unter physiologischen Bedingungen, löst diese Domäne die Bildung von infektiösen Prionen-Fibrillen. „Angesteckte“ HET-s-Prionen lagern sich zusammen und bilden faserförmige Amyloid-Plaques. Dies geschieht auch in sauren Lösungen bei einem pH-Wert von 3, doch diese Fibrillen sind nicht infektiös.

Die Festkörper-NMR-Spektren, die von den beiden Prionenversionen bei den zwei verschiedenen Säuregraden erstellt wurden, zeigten signifikante Unterschiede. Aus diesen Spektren können die Forscher auf die Struktur der Prionen schliessen.

Die Prionen liegen sowohl bei pH3 als auch bei pH7 hauptsächlich als starre Bandartige Strukturen, so genannte Beta-sheets, vor. Bei näherer Betrachtung entdeckten die Forscher aber grosse Unterschiede zwischen den beiden Formen. Die infektiöse pH-7-Form enthielt zusätzlich zu den starren bandartigen Strukturen hoch flexible Schlaufen. Diese fehlten bei der nichtinfektiösen pH-3-Version des Prions. Die Forscher schlossen deshalb daraus, dass der pH-Wert die Infektiosität eines Prions mitbestimmt, weil unter neutralen Bedingungen eine andere molekulare Struktur entsteht als in sauren Verhältnissen.

Infektion nützt Pilz

Das Prion HET-s löst bei Pilzen eine Art von Infektion aus, die dem Organismus aber nicht schadet. „Dieses Prion hat vermutlich eine wichtige Funktion“, sagt der Erstautor der Studie, Christian Wasmer. Möglicherweise schützen die Prionen-Fibrillen den Pilz vor einer Infektion durch Viren.

Die Strukur der pH-3-Form des Prions ist noch nicht bis ins Detail bekannt. Die Forschung daran ist momentan am Laufen. „Wir können mit diesen Methoden die Funktionen der Prionen besser verstehen lernen“, sagt Wasmer. In Zukunft könne man von dieser Methode auch krankmachende Prionen untersuchen.

Literaturhinweis

Wasmer C, Soragni A, Sabaté R, Lange A, Riek R, Meier BH: Infectious and Noninfectious Amyloids of the HET-s(218-289) Prion Have Different NMR Spectra. Angewandte Chemie International Edition, published online 11 jun 2008, doi:10.1002/anie.200704896

 
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