Veröffentlicht: 17.06.13
Science

Antioxidans haltbar gemacht

Wissenschaftler der ETH Zürich haben einen Nano-Wirkstoff entwickelt, der andere Moleküle vor einer Oxidation schützt. Im Gegensatz zu vielen bisherigen solchen Wirkstoffen ist das Antioxidans der ETH-Forscher lange haltbar, womit es sich besonders gut für industrielle Anwendungen eignet.

Fabio Bergamin
ETH-Forscher koppelten Gallussäure mit Siliziumdioxid-Nanoteilchen, um das Antioxidans zu stabilisieren. (Grafik: Edisa Balje / ETH Zürich)
ETH-Forscher koppelten Gallussäure mit Siliziumdioxid-Nanoteilchen, um das Antioxidans zu stabilisieren. (Grafik: Edisa Balje / ETH Zürich) (Grossbild)

Über Antioxidantien wird viel gesprochen. Diese chemischen Verbindungen sind unter anderem in vielen Früchten, Gemüsearten sowie in Kaffee, Tee und Rotwein enthalten und gelten als gesund. Denn Antioxidantien schützen beispielsweise die körpereigenen Eiweisse und die Erbsubstanz davor zu oxidieren. Auch die Industrie verwendet Antioxidantien, etwa als Zusatzstoffe für Nahrungsmittel, um diese länger haltbar zu machen oder um sie unter dem Gesundheitsaspekt zu bewerben. Sie sind in Lebensmittelverpackungsfolien oder Autopneus enthalten, damit der Kunststoff oder Gummi nicht spröde wird. Und die Kosmetikindustrie verkauft Crèmen mit Antioxidantien als Anti-Aging-Produkte.

Das Problem beim Einsatz von Antioxidantien ist allerdings: Viele dieser Moleküle sind selbst nicht sehr stabil. Sie reagieren beispielsweise mit Sauerstoff und verlieren so mit der Zeit ihre antioxidative Wirkung. Forschende unter der Leitung von Yiannis Deligiannakis, Gast-Professor am Institut für Verfahrenstechnik, haben nun ein spezielles Nano-Antioxidans entwickelt, das deutlich stabiler ist als herkömmliche Antioxidantien. Es kann daher einfacher gelagert werden und ist in geringeren Mengen wirksam.

Siliziumdioxid stabilisiert Gallussäure

Das Nano-Antioxidans ist zusammengesetzt aus einem Siliziumdioxid-Nanoteilchen und dem natürlich vorkommenden Antioxidans Gallussäure, wobei beide Teile fest miteinander verbunden sind. «Gallussäure gehört zu den Molekülen mit der besten antioxidativen Wirkung», erklärt Georgios Sotiriou. Er war als Postdoc am Institut für Verfahrenstechnik an der Arbeit beteiligt und ist nun an der Harvard University. Doch wie andere Antioxidantien verlieren Gallussäure-Moleküle rasch ihre Wirkung, insbesondere weil sie gerne aneinanderhaften und sich so gegenseitig ausschalten. Durch die Kombination mit den Siliziumdioxid-Nanopartikeln konnten die Forscher diesen Prozess unterdrücken. Die im Vergleich mit den Gallussäure-Molekülen grossen Nanoteilchen verhindern nämlich, dass die Gallussäure-Moleküle miteinander wechselwirken. Sie können dies aus räumlichen Gründen ebenso wenig, wie sich die Passagiere zweier Heissluftballone die Hand reichen können.

«Unser Nanoantioxidans hat dieselbe hervorragende Wirkung wie Gallussäure. Es ist aber ein lang haltbares Produkt und kann gut an die Industrie verkauft werden», sagt Deligiannakis. Ausserdem ist das Nano-Antioxidans temperaturresistent und könnte daher Lebensmittel schützen, die pasteurisiert, oder Polymere, die bei hohen Temperaturen produziert werden. Herkömmliche Antioxidantien verlieren bei diesen Temperaturen ihre Aktivität.

Zum Patent angemeldet

Die Forscher haben ihr neues Produkt patentieren lassen. Gemeinsam mit der Technologietransferstelle ETH transfer sind sie nun im Gespräch mit Industriepartnern für eine potenzielle Lizenzierung oder Weiterentwicklung der Technologie. Keine grösseren Hindernisse erwarten die Wissenschaftler, was die Sicherheit des Moleküls angeht: Sowohl Gallussäure als auch die Siliziumdioxid-Nanopartikel gelten als unbedenklich, sind von den Behörden zugelassen – auch für den Gebrauch in Lebensmitteln – und kommen rege zum Einsatz. Die Wissenschaftler rechnen daher damit, dass in Tests gezeigt werden kann, dass auch das Kombinationsmolekül für Kosmetika und Lebensmittel sicher ist.

Literaturhinweis

Deligiannakis Y, Sotiriou GA, Pratsinis SE: Antioxidant and Antiradical SiO2 Nanoparticles Covalently Functionalized with Gallic Acid. ACS Applied Materials & Interfaces, 2012, 4, 6609-6617, DOI: 10.1021/am301751s

 
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