Oase mitten in der Hektik der Stadt
Vor kurzem haben zwei Studenten ein Kulturcafé im Hochschulquartier eröffnet. Die «Kleine Freiheit» bietet neben Leckereien aus der Umgebung vor allem eines: Entspannung vom Alltag.
Im Sekundentakt rollen Autos vom Central herauf, Trams kreischen in den Schienen von der ETH hinab, dazwischen donnern Velofahrer mit ihren
Rennern über den Teer und mittendrin steht sie, die «Kleine Freiheit». Der
Name des Kulturcafés ist Programm: Mit dem alten Schiffscontainer haben die
beiden Studenten Elias Kleimann und Maximilian Boosfeld im Park am
Weinbergfussweg, eingekesselt zwischen Leonhard- und Weinbergstrasse, eine kleine Oase inmitten des Zürcher Verkehrsgewusels
geschaffen.
Abschalten vom Alltag – das sind hier keine leeren Worte, wie ein Besuch vor Ort zeigt. Studenten, Anwohner und Passanten treffen sich auf Sofas und Klappstühlen zu Kaffee und hausgemachtem Kuchen, schmökern im offenen Bücherschrank oder widmen sich einfach dem süssen Nichtstun. Der Gedanke dahinter: «Wir wollen etwas fürs Quartier tun, und das konsequent», sagt Max, der lieber beim Vornamen genannt wird – «Klingt viel sympathischer.» Tatsächlich gehen fast nur lokale Leckereien wie der Forcher Kaffee «Black & Blaze», das «Bier Paul» aus dem Kreis 3 oder die gefüllten Pita-Brote des orientalischen Restaurant Orient Catering um die Ecke über die Theke.
Langer Weg bis zum Ziel
Während der vergangenen Monate werkelten die beiden jede
freie Minute am Container herum. Schnitten Öffnungen in den grossen Kasten,
schweissten Rohre und Bleche zusammen und schraubten Ablagen zusammen. Überhaupt
war das Projekt alles andere als ein Schnellschuss. Die Idee dazu entstand vor
Jahren. Schon während der Schulzeit in Hamburg wollte Max ein Container-Café
auf die Beine stellen. Als er für sein Maschinenbaustudium an der ETH nach
Zürich zog, fand er endlich einen geeigneten Standort dafür: den Park am
Weinbergfussweg.
«Immer wenn ich daran vorbeifuhr, sah ich, wie trist der Ort war. Das wollte ich ändern.» Nicht nur er. Sein damaliger Mitbewohner Elias liess sich nicht lange bitten. Er habe immer schon ein Projekt neben dem Studium verfolgen wollen. «Das war meine Chance», sagt der 25-jährige Volkswirtschaftsstudent. Mittlerweile sind die beiden ein eingeschworenes Team. Kein Wunder, bei dem Weg, den sie hinter sich bringen mussten.
Begonnen hat alles mit dem Gang vor die «Grün Stadt Zürich». Sie ist die städtische Dienststelle, die für Projekte auf Grün- und Freiflächen zuständig ist. Die Idee, den Park durch ein für alle zugängliches Kulturcafé zu beleben, gefiel den Verantwortlichen. Damit war es aber nicht getan. Ein halbes Jahr hatten die Studenten Zeit, das Projekt detailliert auszuarbeiten, ein Betriebskonzept zu erstellen, technische Zeichnungen anzufertigen, kurz: ein Baugesuch vorzubereiten – ein Sprung ins kalte Wasser, wie Elias sagt: «Wir hatten keine Ahnung, wie man so etwas macht. Mit der Zeit wuchsen wir hinein.»
Mit privaten Sponsoren zum Ziel
Im Dezember erhielt ihr Projekt endlich eine Bewilligung für drei Jahre. Jetzt galt es, vorwärts zu machen. Die Aufgabenliste war lang und die Zeit bis zur Eröffnung kurz. Zuoberst stand die Finanzierung. Diese war bis dahin wegen der fehlenden Bewilligung nicht gesichert. Beide steckten ihr ganzes Erspartes in ihren Traum. «Das reichte aber nirgends hin», betont Max. Also starteten sie ein Crowd-Funding im Freundeskreis. Der Deal: Jeder, der 200 Franken zahlt, erhält täglich ein Gratisgetränk. So kam einiges zusammen. Den Rest steuerten Unternehmen und Organisationen grösstenteils mit Material bei. Künftig soll sich das Café selbst tragen. Die Verantwortung ist umso grösser wegen einer angestellten Servicekraft, wie Elias sagt: «Plötzlich wurde uns klar: Jetzt sind wir verantwortlich für den Lebensunterhalt von anderen Menschen.»
Kleine Freiheit - Kulturcafé im Container
Mo bis Fr 7.30 - 19 Uhr, Sa 14 - 19 Uhr. An milden Abenden ist das Café länger geöffnet – aus Rücksicht auf die Anwohner bis spätestens 23 Uhr.
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