Veröffentlicht: 20.12.12
Campus

ETH ausgezeichnet unterwegs

Am Weihnachtsanlass der Schulleitung zog ETH-Präsident Ralph Eichler eine mehrheitlich erfreuliche Bilanz über 2012. Das «Goldene Dreirad» für die familienfreundlichste Führungsperson der ETH ging an Mathematikprofessor Peter Bühlmann.

Peter Rüegg
Der Mathematiker Peter Bühlmann (M.) wurde mit dem «Goldenen Dreirad» ausgezeichnet. ETH-Präsident Ralph Eichler (r.) und AVETH-Vertreter Martin Sack (l.) freuen sich mit ihm darüber. (Bild: Heidi Hostettler)
Der Mathematiker Peter Bühlmann (M.) wurde mit dem «Goldenen Dreirad» ausgezeichnet. ETH-Präsident Ralph Eichler (r.) und AVETH-Vertreter Martin Sack (l.) freuen sich mit ihm darüber. (Bild: Heidi Hostettler) (Grossbild)

Anders als in den Vorjahren führte die ETH-Schulleitung die erste der beiden Weihnachtsveranstaltungen auf dem Campus Hönggerberg durch. Dies auch in Anbetracht des Umstands, dass mittlerweile mehr Leute auf dem Hönggerberg forschen, lehren und lernen als im Zentrum. Die «Hönggerbergler» dankten es der Schulleitung mit einem grossen Aufmarsch: Für den Weihnachtsapéro und die Verleihung des Goldenen Dreirads hatten sich doppelt so viele Personen angemeldet wie vor Jahresfrist.

ETH-Präsident Ralph Eichler blickte zurück auf ein ereignis- und arbeitsreiches Jahr. In seiner Rede betonte er, dass die ETH nur deshalb so gut sei, weil sie sich auf sehr gutes wissenschaftliches wie administratives Personal verlassen könne.

Organisation im Wandel

Im Jahr 2012 war die ETH eine «Organisation im Wandel», wie Eichler aufzeigte. Zu Jahresbeginn gingen zwei neue Departemente – das Departement Umweltsystemwissenschaften (D-USYS) und das Departement Gesundheitswissenschaften und Technologie (D-HEST) – an den Start. Im Sommer hoben Vertreter der ETH, der Universität Zürich und des Universitätsspitals die gemeinsame Plattform «Hochschulmedizin Zürich» aus der Taufe, ein «wirkungsvoller Pakt des Forschungsplatzes Zürich für biomedizinische und medizinaltechnische Spitzenforschung». Aus den beiden Einheiten Nord-Süd-Zentrum und der Stelle Internationale Institutionelle Angelegenheiten IIA wurde «ETH Global» geschaffen. Und im Spätsommer nahm das Institut für molekulare Gesundheitswissenschaften mit dem Umzug mehrerer Biomedizin-Professuren in das neue Gebäude HPL seinen Betrieb auf.

Weitere Höhepunkte dieses ereignisreichen Jahres: die Eröffnung des ETH-Brückenkopfs in Singapur, dem Singapore-ETH Centre for Global Sustainability (SEC), im Beisein von Bundesrat Alain Berset sowie der Umzug des Supercomputing Centers CSCS von Manno ins benachbarte Lugano.

Neuer Rektor, grosse Preise

Auch in der Schulleitung gab es eine grosse Veränderung: Die erste Frau im Rektorenamt, Heidi Wunderli-Allenspach, trat zurück. Das Zepter übernahm Lino Guzzella, Professor für Thermotronik.

Ralph Eichler hob das erneut sehr gute Abschneiden der ETH Zürich in internationalen Rankings hervor, blickte auf spannende Forschungsergebnisse und grosse Auszeichnungen für ETH-Forschende zurück, wie etwa den «European Inventor Award» an Physik-Professor Jérôme Faist oder den mit 100‘000 Franken dotierten «New Horizons in Physics»-Preis für Nachwuchsforschende, den Niklas Beisert erhielt. Ausserdem gingen 2012 acht ERC Starting Grants mit einem Geldvolumen von 14 Mio. Franken und 12 ERC Advanced Grants mit einem Gesamtvolumen von 33,16 Mio. Franken an ETH-Forschende – neuer Rekord.

Gespannte Situation bei Studierenden

Kopfzerbrechen bereiteten dem Hochschulpräsidenten hingegen die weiterhin ansteigenden Studierendenzahlen. Mittlerweile zählt die ETH über 17'000 Studierende. Im Jahr 2000 waren es noch 11'000. Um die Qualität der Ausbildung zu erhalten, beabsichtigt der ETH-Rat, die Studiengebühren für die beiden ETH ab Herbst 2015 schrittweise auf das Doppelte des heutigen Betrags zu erhöhen – was bei den Studierenden auf Unmut stiess, obwohl die zusätzlichen Gelder der Lehre zu Gute kommen sollen, wie Eichler betonte.

Um den Zustrom von Studierenden bewältigen zu können, muss die ETH mehr Geld in den Ausbau der Infrastruktur investieren. Die ETH wird deshalb rund eine Milliarde Franken in Aus- und Umbau stecken, unter anderem in das neue Gebäude HCP, das vor das HCI auf dem Hönggerberg zu stehen kommt. Baubeginn ist schon im Januar 2013. Auch die Restaurationsbetriebe auf dem Hönggerberg, dem Epizentrum des Ausbaus, werden derzeit massiv ausgebaut.

Ebenfalls Gegenstand von Debatten war das Energieleitbild, das die Schulleitung auf Anstoss von Studierenden überarbeiten liess. Das Leitbild ist nun unter Dach, es ist ein Gemeinschaftswerk von Professoren, Studierenden und Vertretern des administrativen Bereichs der ETH. Das Leitbild solle Energie in Lehre, Grundlagenforschung und Anwendung auf dem eigenen Campus verankern. Dabei müssten stets Zielkonflikte wie die Entwicklung der ETH auf der einen und Energieeinsatz auf der anderen Seite im Auge behalten und gelöst werden, sagte der ETH-Präsident.

Bewegung statt Stillstand

Zuletzt stellte Ralph Eichler einige seiner persönlichen Ziele für das kommende Jahr vor: «Die ETH ist ausgezeichnet unterwegs, sie ist national und international erfolgreich. Doch Stillstand wäre gefährlich», sagte er. Die Schulleitung wolle deshalb erreichen, dass die ETH im In- und Ausland noch besser bekannt werde, das Profil schärfer werde, um die besten Studierenden anzuziehen. «Wir wollen weiterhin alles tun, damit die ETH im Wettbewerb um die beste Ausbildung bestehen kann», so der Präsident.

Die ETH solle einen wesentlichen Beitrag leisten können, um die drängenden Fragen unserer Zivilisation zu lösen. Wachstum solle quantitativ und qualitativ erfolgen, die dafür nötigen Ressourcen sorgsam eingesetzt werden. Eichler fordert auch minimale ethische Standards bei der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft ein, «es braucht Augenmass», befand er energisch.

Mathematiker führt am familienfreundlichsten

Im Anschluss an Ralph Eichlers Ansprache zeichnete die Akademische Vereinigung des Mittelbaus der ETH (AVETH) zum sechsten Mal die familienfreundlichste Führungsperson der ETH mit dem Goldenen Dreirad aus. Die Auszeichnung erhielt Mathematik-Professor Peter Bühlmann vom Institut für Statistik.
In seiner Laudatio hob AVETH-Vertreter Martin Sack hervor, dass Bühlmann ein besonderes Vorbild für seine Gruppe sei. «Er hat selbst vier Kinder und seine Nominatoren bewundern, wie er Beruf und Familie beispielhaft austariert», sagte Sack. Bühlmann nehme auf persönliche und private Anliegen seiner Mitarbeiter Rücksicht, was Familie und Beruf ideal vereinbar mache. Der Mathematiker sei sehr fürsorglich in Bezug auf den Ausgleich zwischen Job und Familie: «Er huldigt nicht der Präsenzkultur.» Weiter dürften Kinder ihre Eltern auch am Arbeitsplatz besuchen.
Martin Sack sagte, dass die Jury überzeugt sei, dass der Preisträger nicht nur die Kriterien für das Goldene Dreirad erfülle, sondern dass er auch exemplarisch die Werte vorlebe, die sich hinter diesen Kriterien verbergen würden.

 
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