Architekturlabor auf Stelzen
Das Institut für Technologie in der Architektur (ITA) der ETH Zürich wird spätestens bis 2015 ein neues Gebäude auf dem Hönggerberg beziehen können. Der Neubau vereint das neuste Wissen in den Bereichen der digitalen Fabrikation, der Leichtbauweise und des nachhaltigen Bauens.
Der Bau wird auffallen: Auf zwölf Stelzen ruhend, wird sich das dreigeschossige Institutsgebäude auf der Decke des unterirdischen Parkhauses des HIL-Gebäudes erheben. Der ungewöhnliche Standort ergibt sich aus der Vorgabe, für den Neubau auf dem Campus Hönggerberg keine Baureserven zu verbrauchen und statt dessen durch eine Aufstockung zu verdichten. «Beim Institutsneubau können neuste Forschungsergebnisse zu Bauprozessen, digitaler Fertigung und zur Gebäudetechnik im Massstab 1:1 erprobt und ausgetestet werden», sagt ETH-Präsident Ralph Eichler.
Wellenförmiges Holzdach aus Roboterhand
Das sogenannte Arch_Tec_Lab wird über eine Passerelle direkt mit dem HIL-Gebäude des Departements Architektur verbunden sein. Die ETH-Architekten und Planer setzen konsequent auf Leichtbautechnologien. Dadurch verbessert sich auch die Energiebilanz des Gebäudes gegenüber herkömmlichen Bauweisen, und zwar bereits während der Erstellungsphase. Rechnet man im Regelfall mit einer verbauten Masse von etwa 300 Kilogramm pro Kubikmeter, so wird die durchschnittliche verbaute Masse im neuen ITA-Gebäude rund 200 Kilogramm pro Kubikmeter betragen.
Das Arch_Tec_Lab erhält ein wellenförmiges Holzdach, das
vollständig digital konzipiert und mit speziellen Robotern fabriziert wird. Die
Architekten verwenden günstiges Bauholz für die Dachkonstruktion, welche durch
die einzigartige Bauweise dennoch eine grosse Spannweite erlaubt. Der filigrane
Baukörper ist das Resultat eines gemeinsamen Planungsprozesses der beteiligten
Architektur-Professuren. Das Gebäude soll die räumlichen
Voraussetzungen schaffen für eine neue Art der Zusammenarbeit unter einem
gemeinsamen Dach.
Flexible Raumzuordnung
Dieser Philosophie folgt das Raumkonzept des Gebäudes. Herzstück des Erdgeschosses wird eine Robotikhalle, die auch für Ausstellungen genutzt werden kann. Über der Halle ist ein zweigeschossiger Raum mit umlaufender Galerie angelegt. «Die offene, mittig angelegte Piazza wird zum Treffpunkt der Mitarbeitenden und Studierenden», sagt Sacha Menz, Projektleiter und Vorsteher des Departements Architektur. Die Büroeinheiten der einzelnen Professuren erlauben Blicke nach aussen und sollen als Metapher auf den Gedanken der Transparenz und Zugänglichkeit der Forschungsarbeiten Institut für Technologie in der Architektur (ITA) verweisen.
Offen soll das Gebäude in Zukunft auch für nachträgliche
Änderungen in der Raumnutzung sein. Das heisst, innerhalb einer gegebenen
Grundrissstruktur kann man jederzeit die Layouts des Gebäudes flexibel und ohne
grossen Aufwand an sich verändernde Bedürfnisse anpassen. Möglich macht dies
die Methode des Parametric Design, bei der ein softwarebasiertes Tool aufgrund
bestimmter Parameter jeweils die optimale Lösung für das Raumkonzept errechnet.
Ziel ist ein CO2-freies Gebäude
Am Gebäude werden neueste Erkenntnisse aus der eigenen Forschung
getestet, die das Potential haben, später als neue innovative Bausysteme breite
Anwendung in der Industrie zu finden. Das gilt insbesondere auch für die von
der ETH entwickelten nachhaltigen Gebäudetechnologien und den Ansatz der «Null-Emissions-Architektur».
Das Gebäude wird ohne fossile Brennstoffe auskommen, und Heizung und
Kühlung erfolgen über eine grossflächig angelegte Hohlbodenstruktur. Sogenannte
Airboxen, die bereits in einem andern ETH-Gebäude erprobt werden, ermöglichen
eine einzigartige Luftverteilung im Gebäude. Der Neubau wird zudem an das Erdspeichersystem
auf dem Campus Hönggerberg angeschlossen.
Blog lädt Firmen zur Mitwirkung ein
Schliesslich will das Neubauprojekt auch in Bezug auf den Bau- und Planungsprozess neue Wege beschreiten. Die Bauwirtschaft soll dazu eingeladen werden, sich frühzeitig im Planungsprozess einzubringen. Den ETH-Architekten schwebt vor, dazu einen Blog einzurichten und dort einen qualitativen Baubeschrieb zu hinterlegen, den interessierte Firmen einsehen und kommentieren können.
Diesen Herbst soll das Projekt ausgeschrieben werden, 2013 ist Baubeginn und bis spätestens 2015 ist der Einzug der zehn Professuren des ITA mit ihren 180 Mitarbeitenden geplant. Die Gesamtkosten für das Gebäude mit einer Nettogeschossfläche von 5939 Quadratmetern und 240 Arbeitsplätzen sind auf rund 30 Millionen Schweizer Franken veranschlagt.
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