Veröffentlicht: 25.09.12
Campus

Architekturlabor auf Stelzen

Das Institut für Technologie in der Architektur (ITA) der ETH Zürich wird spätestens bis 2015 ein neues Gebäude auf dem Hönggerberg beziehen können. Der Neubau vereint das neuste Wissen in den Bereichen der digitalen Fabrikation, der Leichtbauweise und des nachhaltigen Bauens.

Roman Klingler
Ins Auge sticht das wellenförmige Holzdach, das vollständig digital konzipiert und mit speziellen Robotern fabriziert wird. (Bild: ITA/ ETH Zürich)
Ins Auge sticht das wellenförmige Holzdach, das vollständig digital konzipiert und mit speziellen Robotern fabriziert wird. (Bild: ITA/ ETH Zürich) (Grossbild)

Der Bau wird auffallen: Auf zwölf Stelzen ruhend, wird sich das dreigeschossige Institutsgebäude auf der Decke des unterirdischen Parkhauses des HIL-Gebäudes erheben. Der ungewöhnliche Standort ergibt sich aus der Vorgabe, für den Neubau auf dem Campus Hönggerberg keine Baureserven zu verbrauchen und statt dessen durch eine Aufstockung zu verdichten. «Beim Institutsneubau können neuste Forschungsergebnisse zu Bauprozessen, digitaler Fertigung und zur Gebäudetechnik im Massstab 1:1 erprobt und ausgetestet werden», sagt ETH-Präsident Ralph Eichler.

Wellenförmiges Holzdach aus Roboterhand

Das sogenannte Arch_Tec_Lab wird über eine Passerelle direkt mit dem HIL-Gebäude des Departements Architektur verbunden sein. Die ETH-Architekten und Planer setzen konsequent auf Leichtbautechnologien. Dadurch verbessert sich auch die Energiebilanz des Gebäudes gegenüber herkömmlichen Bauweisen, und zwar bereits während der Erstellungsphase. Rechnet man im Regelfall mit einer verbauten Masse von etwa 300 Kilogramm pro Kubikmeter, so wird die durchschnittliche verbaute Masse im neuen ITA-Gebäude rund 200 Kilogramm pro Kubikmeter betragen.

Das Arch_Tec_Lab erhält ein wellenförmiges Holzdach, das vollständig digital konzipiert und mit speziellen Robotern fabriziert wird. Die Architekten verwenden günstiges Bauholz für die Dachkonstruktion, welche durch die einzigartige Bauweise dennoch eine grosse Spannweite erlaubt. Der filigrane Baukörper ist das Resultat eines gemeinsamen Planungsprozesses der beteiligten Architektur-Professuren. Das Gebäude soll die räumlichen Voraussetzungen schaffen für eine neue Art der Zusammenarbeit unter einem gemeinsamen Dach.

Flexible Raumzuordnung

Dieser Philosophie folgt das Raumkonzept des Gebäudes. Herzstück des Erdgeschosses wird eine Robotikhalle, die auch für Ausstellungen genutzt werden kann. Über der Halle ist ein zweigeschossiger Raum mit umlaufender Galerie angelegt. «Die offene, mittig angelegte Piazza wird zum Treffpunkt der Mitarbeitenden und Studierenden», sagt Sacha Menz, Projektleiter und Vorsteher des Departements Architektur. Die Büroeinheiten der einzelnen Professuren erlauben Blicke nach aussen und sollen als Metapher auf den Gedanken der Transparenz und Zugänglichkeit der Forschungsarbeiten Institut für Technologie in der Architektur (ITA) verweisen.

Offen soll das Gebäude in Zukunft auch für nachträgliche Änderungen in der Raumnutzung sein. Das heisst, innerhalb einer gegebenen Grundrissstruktur kann man jederzeit die Layouts des Gebäudes flexibel und ohne grossen Aufwand an sich verändernde Bedürfnisse anpassen. Möglich macht dies die Methode des Parametric Design, bei der ein softwarebasiertes Tool aufgrund bestimmter Parameter jeweils die optimale Lösung für das Raumkonzept errechnet.

Ziel ist ein CO2-freies Gebäude

Am Gebäude werden neueste Erkenntnisse aus der eigenen Forschung getestet, die das Potential haben, später als neue innovative Bausysteme breite Anwendung in der Industrie zu finden. Das gilt insbesondere auch für die von der ETH entwickelten nachhaltigen Gebäudetechnologien und den Ansatz der «Null-Emissions-Architektur». Das Gebäude wird ohne fossile Brennstoffe auskommen, und Heizung und Kühlung erfolgen über eine grossflächig angelegte Hohlbodenstruktur. Sogenannte Airboxen, die bereits in einem andern ETH-Gebäude erprobt werden, ermöglichen eine einzigartige Luftverteilung im Gebäude. Der Neubau wird zudem an das Erdspeichersystem auf dem Campus Hönggerberg angeschlossen.

Blog lädt Firmen zur Mitwirkung ein

Schliesslich will das Neubauprojekt auch in Bezug auf den Bau- und Planungsprozess neue Wege beschreiten. Die Bauwirtschaft soll dazu eingeladen werden, sich frühzeitig im Planungsprozess einzubringen. Den ETH-Architekten schwebt vor, dazu einen Blog einzurichten und dort einen qualitativen Baubeschrieb zu hinterlegen, den interessierte Firmen einsehen und kommentieren können.

Diesen Herbst soll das Projekt ausgeschrieben werden, 2013 ist Baubeginn und bis spätestens 2015 ist der Einzug der zehn Professuren des ITA mit ihren 180 Mitarbeitenden geplant. Die Gesamtkosten für das Gebäude mit einer Nettogeschossfläche von 5939 Quadratmetern und 240 Arbeitsplätzen sind auf rund 30 Millionen Schweizer Franken veranschlagt.

 
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