Veröffentlicht: 30.08.12
Science

Hoffnung für Buchen

Mit dem Klimawandel könnten Buchen in den Wäldern des Schweizer Mittellands von anderen Baumarten verdrängt werden. Dieses von Wissenschaftlern vorausgesagte Szenario muss allerdings nicht zum Verschwinden der Buche führen, wie ein Forscherteam mit ETH-Beteiligung zeigt. Für den Laubbaum besteht Hoffnung – wenn man der Natur etwas nachhilft.

Fabio Bergamin
Buchen prägen das Bild von Wäldern im Schweizer Mittelland. (Bild: Géraldine Zosso)
Buchen prägen das Bild von Wäldern im Schweizer Mittelland. (Bild: Géraldine Zosso) (Grossbild)

Der Klimawandel wird sich auch auf die Schweizer Wälder auswirken. So hat es etwa die Buche – die heute vorherrschende Baumart im Mittelland – gerne mässig warm und mässig feucht. Nehmen die Temperaturen künftig allgemein zu und wird es im Sommer trockener, wie es verschiedene Klimamodelle für die Schweiz voraussagen, dann wird sich die Buche zwar an voralpinen Standorten besser ausbreiten können. Doch im Flachland könnte es für sie eng werden. Andere, besser an die neuen Bedingungen angepasste Baumarten, beispielsweise die Traubeneiche, könnten sie dort verdrängen.

Heisst das, die Mittellandwälder werden sich in Zukunft komplett verändern? Nicht unbedingt, wie Forscherinnen der ETH Zürich und der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) herausgefunden haben. Buchen sind nämlich anpassungsfähig. Und wie die Wissenschaftlerinnen in einer entsprechenden Studie zeigen, gibt es daher durchaus Möglichkeiten, das Überleben der Buchenwälder im Mittelland langfristig zu fördern.

Geringeres Wachstum an trockenen Orten

«Buchen bevorzugen zwar ein gemässigtes Klima, doch vereinzelt kommen sie auch an besonders trockenen Standorten vor, etwa im Walliser Rhonetal», erklärt Studienleiterin Andrea Plüss vom Institut für Terrestrische Ökosysteme. Ob die Bäume diese Extrembedingungen gerade noch so knapp tolerieren oder ob sie sich genetisch daran angepasst haben, war bisher jedoch unklar.

Genau dieser Frage gingen die Wissenschaftlerinnen nach. Sie verglichen Buchen an besonders trockenen Standorten mit solchen an klimatisch gemässigten Orten in der unmittelbaren Umgebung. Sie nutzten dazu drei Standortpaare in den Kantonen Schaffhausen, Solothurn und Wallis. Eines ihrer Ergebnisse: Buchen an klimatisch extremeren Standorten wuchsen weniger gut; gleich alte Bäume waren dort im Schnitt nur halb so hoch und hatten einen weniger dicken Stamm als solche an gemässigten Standorten.

Buchen passen sich an

Durch die Auswertung von Jahrring-Daten konnten die Forscherinnen ausserdem zeigen, dass Buchen an extremen Standorten weniger anfällig sind auf Trockenheit: Ob ein Jahr besonders trocken war, hatte dort einen geringeren negativen Einfluss auf das Baumwachstum als an gemässigten Standorten. Daraus schliessen die Forscherinnen, dass die Buchen an trockenen und warmen Orten an das dortige Klima angepasst sein könnten.

Genetische Daten bestätigen dies: Die Forscherinnen verglichen 500 Abschnitte im Genom von je 120 Buchen an extremen und an gemässigten Standorten. In drei dieser Abschnitte fanden sie Genomvarianten, die sich in ihrer Häufigkeit signifikant zwischen den Standorten unterschieden. «Diese unterschiedliche Verteilung legt nahe, dass Buchen für einzelne Gene Varianten besitzen, dank derer sie besser mit Trockenheit umgehen können», sagt Plüss. Wofür diese Gene genau verantwortlich sind, ist noch nicht klar. Die Forscherinnen möchten dies als nächstes untersuchen.

Dem natürlichen Lauf der Dinge etwas nachhelfen

«Wie wir zeigen, ist in den Schweizer Buchenbeständen das genetische Material vorhanden, damit die Baumart im Mittelland trotz Klimawandel wohl fortbestehen kann», sagt Plüss. Dass die Buche langfristig überleben kann, hält die Forscherin für wichtig. «In Wäldern des Mittellands ist die Buche quasi ein Grundpfeiler des Ökosystems. Es ist nicht klar, was mit dem Ökosystem und der Artenvielfalt passieren wird, wenn die Buche wegfallen würde», so die Biologin.

Dass die Buche theoretisch fähig ist, sich anzupassen, heisst allerdings nicht, dass ihr dies auch genügend schnell gelingt. Denn der Klimawandel schreitet im Vergleich zur Anpassungsfähigkeit von Buchen schnell voran. Die Bäume haben eine sehr lange Generationsdauer und benötigen von der Samenkeimung bis zu ihrer ersten Blüte bis zu 60 Jahre. Plüss und ihre Kollegin Pascale Weber erachten es daher als sinnvoll, bereits jetzt Samen von Buchen an trockenen Standorten zu sammeln, diese an gemässigten Standorten zu sähen und die Keimlinge und Jungpflanzen anschliessend zu hegen. Dabei geht es darum, jetzt schon dafür zu sorgen, dass im Mittelland jene Buchen wachsen, die in 60 oder noch mehr Jahren mit dem zu erwartenden Klima zurechtkommen werden.

Literaturhinweis

Pluess AR, Weber P: Drought-Adaptation Potential in Fagus sylvatica: Linking Moisture Availability with Genetic Diversity and Dendrochronology. PLoS One 2012, e33636, doi: 10.1371/journal.pone.0033636

 
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