Veröffentlicht: 12.04.11
Science

Lichtempfindliche Moleküle gegen Krebs

Eine gezielte photodynamische Therapie kann gewisse Formen von Krebs komplett zum Verschwinden bringen. Das zeigen britische und Schweizer Forscher in einer Publikation auf, die soeben im British Journal of Cancer erschienen ist.

Peter Rüegg
Blick durchs Mikroskop auf Krebsgewebe, das mit der neuen photodynamischen Methode behandelt wurde. (Bild: Dario Neri / ETH Zürich)
Blick durchs Mikroskop auf Krebsgewebe, das mit der neuen photodynamischen Methode behandelt wurde. (Bild: Dario Neri / ETH Zürich) (Grossbild)

Die neuartige Krebstherapie beruht auf lichtempfindlichen Molekülen, die an Antikörper gekoppelt sind. Diese Antikörper erkennen spezifisch Tumorblutgefässe und lagern sich an ihnen an. Werden die Moleküle mit Licht angeregt, so entsteht aus ihnen ein reaktives Sauerstoffradikal. Radikale sind bekannt dafür, dass sie Zellen irreparable Schäden zufügen. Die chemisch modifizierten Antikörper zerstören in der Folge die Blutgefässe des Krebses und schneiden ihm die Versorgung mit lebenswichtigen Nährstoffen und Sauerstoff ab. Dadurch verhungern die Krebszellen in grosser Zahl und die Tumore verschwinden vollständig. Zudem unterdrückt die Behandlung mit lichtempfindlichen Molekülen das neuerliche Tumorwachstum in den folgenden 100 Tagen nach der Therapie.

Allerdings brauchte es die Mithilfe des körpereigenen Immunsystems: Der Tumor starb nur dann ab, wenn natürliche Killerzellen als wichtige Mitspieler des Immunsystems anwesend waren. Blockierten die Forscher deren Produktion im Körper verschwand der Tumor nicht vollständig sondern schrumpfte nur. Die Wissenschaftler wollen deshalb klären, welche Rolle das Immunsystem bei diesen Vorgängen spielt.

Effektivere Therapie in Aussicht

Der Ansatz, die Blutzufuhr des Krebses zu unterbinden, ist indes nicht neu. Entsprechende Medikamente sind auch bereits zugelassen und werden in der Klinik angewendet. Indem aber lichtempfindliche Moleküle mit dem Antikörper als Lokomotive gezielt zum Tumor transportiert werden, kann eine Krebsbehandlung effektiver und mit geringerer Medikamentendosis gestaltet werden. Das verbessert die Heilungschancen und reduziert potenzielle Nebenwirkungen. Die neue Therapieform könnte möglicherweise invasivere Behandlungen, wie Bestrahlung oder chirurgische Eingriffe, ersetzen, hoffen die Forscher.

Die neuen Moleküle dürften für Patienten allerdings noch länger nicht verfügbar sein, da sie bisher erst an Mäusen getestet wurden. Dennoch sind die Forscher vom Potenzial der Methode zur Behandlung der häufigsten Formen von Hautkrebs überzeugt. «Diese Studie ebnet uns den Weg zur Entwicklung einer neuen Klasse von Antikörper-Therapien», sagt Dario Neri, Professor für Biomakromoleküle am Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der ETH Zürich. Seine Gruppe arbeitet seit 1996 an der Antikörper vermittelten gezielten Abgabe von Antikrebs-Wirkstoffen. Sieben Antikörperprodukte aus Neris Labor sind in Zusammenarbeit mit der Industrie weiterentwickelt worden. Sie werden derzeit in Phase 1 und Phase 2 der klinischen Versuche getestet.

An dieser Studie massgeblich beteiligt waren auch Forscher der Universität Zürich und Hull. Letztere synthetisierten die lichtempfindlichen Moleküle. Ebenfalls beteiligt war die Firma Philochem AG, ein ETH Spin-off, der sich unter anderem auf die Entwicklung von Antikörpern für Therapien und die Bildgebung spezialisiert hat.

Literaturhinweis

Palumbo A, Hauler F, Dziunycz P, Schwager K, Soltermann A, Pretto F, Alonso C, Hofbauer GF, Boyle RW, Neri D. A chemically modified antibody mediates complete eradication of tumours by selective disruption of tumour blood vessels. Br J Cancer. 2011 Mar 29;104(7):1106-15. DOI:10.1038/bjc.2011.78

 
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