Veröffentlicht: 06.07.10
Science

Mit neuer Optik den Exoplaneten auf der Spur

Das Very Large Telescope (VLT) in Chile liefert erstaunliche Daten zu Exoplaneten. Neue Aufnahmen zeigen diese Exoplaneten nun detailliert, trotz schwieriger Lichtbedingungen. Ermöglicht werden die Aufnahmen dank einer neuen Optik, an deren Entwicklung das Institut für Astronomie der ETH Zürich massgeblich beteiligt ist.

Franziska Schmid / MM
Bild eines einzelnen Sterns, aufgenommen mit der neuen APP Optik. Auf der rechten Seite des Sterns sind Beugungsringe zu erkennen, welche durch Lichtbrechung am Teleskop entstehen. (Bild: Sascha Quanz/ETH Zürich)
Bild eines einzelnen Sterns, aufgenommen mit der neuen APP Optik. Auf der rechten Seite des Sterns sind Beugungsringe zu erkennen, welche durch Lichtbrechung am Teleskop entstehen. (Bild: Sascha Quanz/ETH Zürich) (Grossbild)

Sie heissen Antu, Kueyen, Melipal und Yepun, was in der Sprache der Mapuche-Indianer Sonne, Mond, Kreuz des Südens und Venus bedeutet. Hinter den archaischen Namen verbergen sich hochtechnologische Teleskopeinheiten des sogenannten Very Large Telescope (VLT). Die Europäische Südsternwarte (ESO) betreibt dieses einmalige Grossteleskop mit dem schlichten Namen in einer Wüste im Norden Chiles. Astronomen lieferten in den vergangenen Wochen und Monaten mit Hilfe des VLTs spektakuläre Resultate zu Exoplaneten. Bisher ist es jedoch nur bei einer Handvoll von Exoplaneten gelungen, direkte Bilder von ihnen aufzunehmen. Nun soll eine neue Optik, die von einer internationalen Forschergruppe unter der Leitung des Instituts für Astronomie der ETH Zürich und der Sterrewacht Leiden (NL) entwickelt wurde, die Suche nach und das direkte Fotografieren von Exoplaneten erleichtern. Erste Aufnahmen eines bekannten Exoplaneten sind bereits gelungen, und die Resultate werden in Kürze in Fachzeitschriften publiziert.

Mehr sehen bei zu viel Licht

Koronografen werden eingesetzt, um die helle Lichtscheibe eines Sterns abzudecken, so dass die Korona, der feine Strahlenkranz um einen Stern oder lichtschwächere Objekte in unmittelbarer Nähe des Sterns, besser beobachtet werden können. Dabei muss das Licht im richtigen Masse abgedämpft werden, wie man das zum Beispiel von Sonnenfinsternissen her kennt. Die meisten Koronografen verwenden zwei optische Komponenten, die exakt aufeinander abgestimmt sein müssen, um das Licht des angepeilten Sterns zu unterdrücken.

Die neu entwickelte Optik namens Apodizing Phase Plate (APP) verwendet nur eine, welche gezielt die Streuung des Sternenlichts minimiert. Das APP nutzt dafür die Eigenschaften des Lichts, um die störenden Beugungsmuster auf einer Seite des Sterns aufzuheben. Die Oberfläche der neuen Optik, durch die das Licht des Teleskops geschickt wird, lässt sogenannte Phasenvariationen entstehen, welche die Lichtwellen verändern. «Wenn man im Ozean taucht und gen Himmel blickt, sieht man einen annähernd vergleichbaren Effekt. Das Sonnenlicht wird an den Wellen der Wasseroberfläche gebeugt und lässt den Himmel und die Wolken ganz anders erscheinen. Unsere Optik funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip», erklärt Sascha Quanz vom Institut für Astronomie der ETH Zürich und Hauptautor der Studie.

Mehr Informationen über «Beta Pic b»

Was die neue APP Technik leistet, konnte das Team der ETH Zürich und des Observatoriums Leiden nun an einem Beispiel unter Beweis stellen. Erst Anfang Juni meldete die ESO, dass es Anne-Marie Lagrange vom Laboratoire d'Astrophysique in Grenoble am VLT gelungen ist, die Bewegung eines Exoplaneten, der den hellen Stern Beta Pictoris umkreist, direkt zu beobachten. Das Team konnte nun mit Hilfe der neuen Optik diese Entdeckung rund um «Beta Pic b» – wie der Exoplanet offiziell heisst – bestätigen. Zudem konnten sie Daten liefern, die den Planeten Beta Pic b an einem weiteren Punkt seiner Umlaufbahn zeigen. Eine Umlaufbahn, die bis vor kurzem Rätsel aufgeben hat (siehe Kasten).

Da die APP in einem leicht anderen Wellenlängenbereich arbeitet als der Filter, der von Dr. Lagrange verwendet wurde, konnte das Team zusätzlich Informationen über die Temperatur und die Atmosphäre des Exoplaneten sammeln. Sascha Quanz fasst die Resultate wie folgt zusammen: «Zwar war dieser Exoplanet schon vorher bekannt, doch die Resultate zeigen klar die Kapazitäten der neuen Technologie. Sie ist einfach anzuwenden, weil sie keine spezielle Ausrichtung auf den Zielstern erfordert. Nun sollte es uns möglich sein, weitere Exoplaneten nah an ihrem Mutterstern zu finden, wo die meisten Planeten auch vermutet werden.»

Doch auch andere Forschungsgebiete können von der neuen APP Technologie profitieren. «Wir sind gespannt, wie die Astronomen des VLTs die neuen Kapazitäten für ihre Forschung zukünftig einsetzen. Sie kann ja nicht nur für extrasolare Planeten verwendet werden, sondern auch für andere lichtschwache Strukturen um junge Sterne oder Quasare», freut sich Michael R. Meyer, Co-Autor und Projektleiter des APPs. In Zukunft könnten Daten des Teleskops dabei helfen, neue Exoplaneten zu entdecken und die Temperatur und gegebenenfalls die Masse besser zu bestimmen.

Beta Pictoris und sein Exoplanet

Beta Pictoris (kurz: Beta Pic) ist der zweithellste Stern im Sternbild des Malers. Der massereiche, heisse Stern befindet sich in einer Entfernung von etwa 63 Lichtjahren. Das VLT konnte im Jahr 2003 ein Bild aufnehmen, das nahe beim Beta Pictoris ein Objekt zeigte, welches als Planet mit etwa achtfacher Jupitermasse (1 Jupitermasse = 320 Erdmassen) angesehen wurde, auf späteren Aufnahmen aber rätselhaft verschwunden blieb. Neue Aufnahmen bestätigten jedoch die Existenz des Exoplaneten. Er trägt den Namen Beta Pic b, denn Exoplaneten werden mit dem Namen des Sterns sowie einem angehängten Kleinbuchstaben bezeichnet. Die Nummerierung erfolgt dabei in der Reihenfolge der Entdeckung, beginnend mit „b“. Als Extrasolarer Planet oder kurz Exoplanet wird ein Planet bezeichnet, der nicht unserem Sonnensystem angehört, sondern einen anderen Stern umkreist. Heutzutage sind bereits mehr als 450 Exoplaneten bekannt. Allerdings sind die meisten dieser Exoplaneten nur indirekt nachgewiesen worden. Nur von wenigen Exoplaneten gibt es bisher direkte Aufnahmen – dazu gehört der Beta Pic b.

 
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