Veröffentlicht: 02.07.10
Science

Verwobene Elektronik

ETH-Elektroingenieure haben intelligente Textilien entwickelt, bei denen die elektronischen Teile, wie Sensoren und leitende Fäden, bereits eingewoben sind. Vorteil: Das Gewebe lässt sich auf gebräuchlichen Bandwebemaschinen in grossem Massstab herstellen – und waschen.

Peter Rüegg
Das Stoffband enthält eingewobene Leiterbahnen und elektronische Bauteile wie Temperatursensoren. (Bild: Peter Rüegg / ETH Zürich)
Das Stoffband enthält eingewobene Leiterbahnen und elektronische Bauteile wie Temperatursensoren. (Bild: Peter Rüegg / ETH Zürich) (Grossbild)

Schon länger experimentieren Forscher mit «intelligenten» Textilien, indem sie elektronische Standardbauteile integrieren. Meist werden die Elektronikbauteile jedoch nur auf herkömmliche Kleidungsstücke wie Jacken oder T-Shirts aufgesetzt oder eingenäht, was letztlich unter anderem an einem praktischen Nachteil scheitert: Solche Textilien lassen sich schlecht waschen. Zudem braucht es viel Handarbeit, um sie herzustellen, was die Kleider dementsprechend verteuert.

Wissenschaftler des Wearable Computing Labs von Professor Gerhard Tröster sind nun aber einen Schritt weitergegangen. Sie haben eine neue Technologie entwickelt, um Dünnfilmelektronik und miniaturisierte kommerziell erhältliche Chips auf Plastikfasern aufzubauen. Den Forschern ist es schliesslich gelungen, eine Vielzahl von Mikrochips und weiteren mikroelektronischen Elementen direkt in die textile Architektur des Stoffs zu integrieren. Um die E-Fasern mit herkömmlichem Garn zu verweben, verwendeten die ETH-Wissenschaftler in der Industrie gebräuchliche Textilmaschinen.

Waschbar bei 30 Grad

Trotz eingewobenen Elektronikbauteilen ist das Gewebe kleidsam und faltbar: Es fühlt sich wie normaler Stoff an, so dass Kleider aus diesem Material im täglichen Leben getragen werden können. Die Mikrochips, die auf den Plastikbändern sitzen, sind ummantelt. Dies ermöglicht es, das Gewebe bei 30 Grad mit einem milden Waschmittel in einer Waschmaschine mehrere Male zu waschen, ohne dass die E-Fasern ihre Funktionen einbüssen.

Noch ist das Elektronik-Gewebe aus der Tröster-Gruppe bandförmig. Ziel der Forscher ist es aber, ihre intelligenten Textilien in beliebiger Grösse herzustellen, die ebenso beliebig zugeschnitten werden können, damit sie beispielsweise den Ansprüchen der Bekleidungsindustrie genügen. Denn indem die Wissenschaftler die Gitterstruktur gewebter Textilien ausnützen, können sie den Aufbau der intelligenten Textilien leicht erweitern, um grossflächige Sensoranordnungen oder Bus-Strukturen zu unterstützen.

Tischtuch und T-Shirt funktionieren

Vorerst haben die ETH-Forschenden zwei Demonstrationsobjekte erstellt: ein Tischtuch mit Temperatur- und Feuchtesensoren und eingewebten LEDs sowie ein Unterhemd, das die Körpertemperatur misst. Sowohl auf die Tischdecke als auch auf das T-Shirt haben die ETH-Forscher ein Stück funktionale Stoffbahn aufgenäht und an Messgeräte angeschlossen. Damit konnten sie zeigen, dass ihr Prinzip funktioniert. «Eine der wichtigen Fragen ist jedoch noch immer die Stromzufuhr», sagt Projektleiterin Kunigunde Cherenack, Oberassistentin am Wearable Computing Lab. Denn um all die Messungen durchführen zu können, muss das Gewebe mit Strom versorgt werden.

Die ETH-Forscher sind sich zwar bewusst, dass smarte Textilien keine Novität sind. Die Art und Weise aber, wie sie elektronische Bauteile in das Gewebe eingebettet haben, ist ein ganz neuer Ansatz, insbesondere auch, weil die funktionalen Stoffbahnen ohne Handarbeit angefertigt werden sollen, damit das Vorgehen industriell interessant wird.

Für Sportler und Feuerwehrleute

Kunigunde Cherenack sieht denn auch zahlreiche Anwendungen für Hybridgewebe, etwa für die Überwachung der Herzfrequenz, die Unterstützung von Athleten im Training oder der Rehabilitation, die Überwachung von Nothelfern oder Feuerwehrleuten, aber auch Tastaturen oder Bildschirme in Alltagskleidung könnten Felder sein, bei denen funktionale Hybridtextilien zum Einsatz kommen.

Die Entwicklung der neuartigen elektronischen Sensorfasern ist Teil des Projektes «TexInTex» innerhalb der Schweizer «nano-tera.ch»-Initiative.

Literaturhinweis

Cherenack KH, Kinkeldei T, Zysset C, & Tröster G: Woven thin-film metal interconnects. Accepted for publication by the IEEE Electron Device Letters.

 
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