Veröffentlicht: 17.06.10
Science

Umweltfreundliches Kohlendioxid-Filtern aus der Luft

Sie könnten eine der grössten Herausforderungen der Menschheit bewältigen: Die beiden ETH-Doktoranden Christoph Gebald und Jan Wurzbacher filtern Kohlendioxid aus der Luft – und das umweltfreundlich und emissionsfrei. Der vielversprechende ETH-Spin-off Climeworks hat auch die Jury des Venture Kick überzeugt und erhält 130'000 Franken.

Lukas Langhart
Sie säubern die Luft von CO2 und könnten unser Energieproblem lösen: die beiden ETH-Doktoranden Christoph Gebald (l.) und Jan Wurzbacher neben ihrem Laborprototyp. (Bild: ETH Zürich)
Sie säubern die Luft von CO2 und könnten unser Energieproblem lösen: die beiden ETH-Doktoranden Christoph Gebald (l.) und Jan Wurzbacher neben ihrem Laborprototyp. (Bild: ETH Zürich) (Grossbild)

Das Rad haben sie nicht neu erfunden. Denn theoretisch ist seit langem bekannt, wie man Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Luft abscheiden kann. Doch bisherige Technologien haben den Nachteil, dass sie Unmengen an Energie benötigen. Christoph Gebald und Jan Wurzbacher haben nun unter der Leitung von Aldo Steinfeld, Professor für Erneuerbare Energieträger an der ETH Zürich, einen Apparat entwickelt, der das CO2 energieeffizienter und solarbetrieben binden und als reinen Rohstoff wieder freigeben kann. Dieser Rohstoff kann wiederum zur Herstellung von synthetischen flüssigen Treibstoffen wie Benzin, Diesel oder Kerosin verwendet werden.

Steinfelds Gruppe entwickelt in enger Zusammenarbeit mit dem Labor für Solartechnik am Paul Scherrer Institut auch die Reaktortechnologie zur CO2- und Wasserspaltung mit Hilfe konzentrierter Solarenergie. Hierbei handelt es sich um einen thermochemischen Zyklus, der auf einem so genannten Metalloxid-Redox-System basiert. Das resultierende Synthesegas (Wasserstoff und Kohlenmonoxid) kann daraufhin weiter zu flüssigen Treibstoffen umgewandelt werden.

Mit ihrer Entwicklung schlagen die ETH-Forscher zwei Fliegen mit einer Klappe: Indem sie das Treibhausgas aus dem atmosphärischen Kreislauf entziehen (siehe Bild unten), tragen sie theoretisch zur Lösung der Klimaproblematik sowie der drohenden Erdölknappheit bei. Das klingt verdächtig nach der Rettung der Welt. Doch diese Dimensionen liegen derzeit leider noch in weiter Ferne.

Spezieller Filter

Der Prototyp ihres CO2-Abscheiders hat derzeit noch auf dem Labortisch Platz, und die Energieeffizienz lässt ebenfalls noch zu wünschen übrig. Doch die beiden jungen Forscher blicken mit sehr viel Zuversicht in die Zukunft. Weltweit forschen mindestens noch drei weitere Teams an einem ähnlichen Projekt, doch das ETH-Verfahren hat einen entscheidenden Vorteil: Das Herz der Entwicklung liegt nämlich im Innern; im Filtermaterial, das das CO2 adsorbieren, also aufsaugen kann. Die Entdeckung dieses Materials bringt den ETH-Doktoranden einen entscheidenden Vorsprung in der weltweiten Forschung auf dem Gebiet der CO2-Abscheidung aus der Luft.

Entscheidend ist, dass das patentierte Material aus erneuerbaren Rohstoffen besteht und ausserdem sehr kostengünstig produziert werden kann. Hinzu kommt, dass die von Gebald und Wurzbacher entwickelte Technologie mit Niedertemperaturwärme unter 100°C läuft, also sämtliche benötigte Energie mit Hilfe von Solarkollektoren gewonnen werden kann, ohne Erzeugung zusätzlicher Emissionen. Und weil der Apparat das CO2 direkt aus der Umgebungsluft saugen kann, ist er – mit Rücksicht auf die benötigte Sonneneinstrahlung – standortunabhängig einsetzbar.

Erster Test im Gewächshaus

Der erste voll funktionstüchtige Prototyp soll 2012 in einer Gewächshausanlage im Kanton Zürich in Betrieb genommen werden. In Gewächshäusern wird oft Erdgas verbrannt, um das für das Pflanzenwachstum förderliche CO2 zu produzieren. «Mit unserem System können wir zu einem günstigeren Preis CO2 in reiner Form liefern, das bei der Gewinnung nicht noch zusätzlich die Umwelt belastet, sondern sie im Gegenteil entlastet, da das CO2 der Atmosphäre entzogen wird», sagt Jan Wurzbacher.

Die beiden Doktoranden sind der Meinung, dass die Weiterentwicklung schneller vorangetrieben werden kann, wenn sich die Technologie auf dem Markt beweisen muss. Deshalb gründeten sie im November letzten Jahres die Climeworks GmbH – als offiziellen Spin-off der ETH Zürich. In rund zwei Jahren soll das erste kommerzielle Produkt Marktreife erlangt haben, und 2016 will Climeworks in grossem Massstab CO2 aus der Luft abscheiden können – so sieht es der Businessplan vor.

130'000 Franken Preisgeld

Unter anderem dieser ambitionierte Businessplan verhalf dem ETH-Spin-off in der Endausscheidung der Förderinitiative Venture Kick zum Erfolg: Climeworks erhält insgesamt 130'000 Franken, die für den Markteintritt und für die weitere Entwicklung besonders wichtig sind. So bald wie möglich wollen die beiden Gründer ein drittes Teammitglied anstellen, das sich vor allem um das Management kümmern soll – «damit wir zwei unsere ganze Energie in die Weiterentwicklung unserer Technologie stecken können», so Gebald.

Die beiden gebürtigen Deutschen sind ein eingeschworenes Team und gute Freunde. Sie lernten sich bereits in ihrer ersten Woche an der ETH Zürich kennen, und dass sie heute gemeinsam einen Spin-off leiten, ist kein Zufall: «Kaum hatten wir uns kennengelernt, fassten wir den Entschluss, dass wir einst zusammen eine Firma gründen würden», so Gebald. Und wenn alle ihre Pläne so gut greifen, sind wir der Rettung der Welt vielleicht doch bereits ein Stück näher.