Veröffentlicht: 19.04.10
Science

Vulkanaerosol-Messungen der ETH Zürich

Während in Deutschland die fehlenden Wettermessungen zunehmend kritisiert werden, unterstützt die ETH Zürich das Bundesamt für Zivilluftfahrt mit aktuellen Daten, um gezielte Aussagen zur Aschewolke machen zu können. Seit Freitagnacht untersuchen mehrere Wetterballons, Laser und Wetterflüge die Aerosole in der Atmosphäre.

Thomas Langholz
Sondenentwickler Frank Wienhold und Doktorand Martin Brabec auf dem Dach des CHN-Gebäudes der ETH bei der Vorbereitung zu den Messungen. Gemeinsam mit den Doktoradinnen Ines Engel und Ana Cirisan sind sie für den Betrieb der Wetterballone zuständig. (Bild: Thomas Peter / ETH Zürich)
Sondenentwickler Frank Wienhold und Doktorand Martin Brabec auf dem Dach des CHN-Gebäudes der ETH bei der Vorbereitung zu den Messungen. Gemeinsam mit den Doktoradinnen Ines Engel und Ana Cirisan sind sie für den Betrieb der Wetterballone zuständig. (Bild: Thomas Peter / ETH Zürich) (Grossbild)

Der Luftverkehr in Europa steht still. Auch die Schweiz ist in vollem Umfang davon betroffen. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) hat den Schweizer Luftraum weiterhin bis Dienstag 20.4.2010 8 Uhr gesperrt. Gefährlich für Flugzeuge sind kleinste Teilchen, so genannte Vulkanaerosole, die durch den isländischen Vulkan ausgespuckt werden. Die in der Aschewolke enthaltenen Teilchen breiten sich in hoher Konzentration vor allem in Europa aus. Davon betroffen sind Turbinenflugzeuge, da diese Aerosole durch die Hitze in den Triebwerken schmelzen und zu Glasablagerungen führen können. Dadurch kann es zu Fehlfunktionen kommen. Weiterhin fliegen dürfen Flugzeuge, die auf Sicht fliegen. Zum einen haben sie in der Regel einen Kolbenmotor, bei dem die Luft vor dem Eintritt in den Motor gefiltert wird und zum anderen kann der Pilot in Notfällen sicherer landen als ein grosses mehrstrahliges Passagierflugzeug.

Aerosolmessung mit Ballon

In Deutschland wird die Kritik der Fluggesellschaften am Flugverbot immer lauter. Joachim Hunold, Chef von Air Berlin, der zweitgrössten deutschen Fluggesellschaft, sagte der «Bild am Sonntag»: «Es ist in Deutschland noch nicht mal ein Wetterballon aufgestiegen, um zu messen, ob und wie viel Vulkanasche sich in der Luft befindet.»

In der Schweiz untersucht die ETH Zürich mit mehreren Messungen unter anderem mit Wetterballons die Aerosolschicht und unterstützt das BAZL, um gezielte Aussagen machen zu können. Während Satellitenbilder das Ausbreiten der Wolke verfolgen, können sie keine Aussage über die Dichte der Teilchen und deren Anteil in verschiedenen Luftschichten machen. Diese Informationen sind jedoch entscheidend für den Flugbetrieb.

So wurden über das Wochenende drei verschiedene Messungen durchgeführt. Das Institut für Atmosphäre und Klima der ETH Zürich startete am vergangenen Wochenende mehrere Wetterballons, um den Aerosolgehalt zu messen. Dabei durchflogen mehrere Wetterballone mit einem Durchmesser von zirka zwei Metern die Aerosolschicht. Sie tragen eine an der ETH entwickelte Rückstreusonde zur Aerosolmessung in die Höhe. Dabei wird von zwei Leuchtdioden (LEDs) gezielt Licht im blauen (455 Nanometer) und im infraroten Wellenlängenbereich (870 Nanometer) ausgesandt. Die Aerosolteilchen streuen das Licht zurück, das dann von einem Sensor aufgefangen wird. Eine Messung dauert zwischen zwei und drei Stunden. Während dieser Zeit durchfliegt die Sonde die Atmosphäre bis auf rund 30 Kilometer und überträgt laufend Daten, an Hand derer dann der Anteil der Aerosolteilchen in den verschiedenen Luftschichten gemessen werden kann.

«Wir konnten in einer Höhe zwischen vier und fünf Kilometern einen besonders hohen Anteil an Vulkanaerosolen feststellen», sagt Thomas Peter, Professor für Atmosphärenchemie am Institut für Atmosphäre und Klima der ETH Zürich. Erstmals konnte so die Höhe und Struktur der Aerosolschicht wissenschaftlich eruiert werden. Um die Aerosolkonzentration und Teilchengrösse festzustellen werden die Daten jetzt ausgewertet.

Lasermessung

Seit Freitag finden laufend Messungen mit Hilfe eines Lasers statt, der auf dem Dach des Instituts für Atmosphäre und Klima der ETH Zürich installiert ist. Dieser schickt einen Lichtstrahl in eine Höhe bis zu 15 Kilometern. Das Lidar-System (Light detection and ranging) misst durch das aus der Atmosphäre zurückgestreute Licht die Entfernung der Aerosole und damit deren Höhe. «Bei dieser Messung konnten wir beobachten, dass die vulkanische Wolke sich Samstagnacht senkte. Von sieben Kilometern Höhe am Freitagabend sank sie dann bis zirka 3000 Metern am Samstagmorgen um 10 Uhr», sagt Peter. Das bedeute jedoch nicht, dass die Vulkanaerosole auf den Boden sinken. Durch einen Wetterumschwung können die Luftschichten wieder in die Höhe getragen werden. Für Menschen sind die Teilchen nicht gefährlich, da die Konzentration sehr gering ist und die Atemluft auf dem Weg in die Lungenbläschen gefiltert wird. «Der tägliche Feinstaub durch den Verkehr ist dagegen viel gefährlicher», betont Peter.

Flugzeugmessungen

Eine dritte Messung führte Bruno Neininger, Dozent für Aviatik an der ZHAW, durch. Mit einer Sondergenehmigung des BAZL durfte sein Messflugzeug am Samstag und Sonntag starten. Mit an Bord ein Aerosolmessgerät des PSI. In fünf Kilometern Höhe flog er in die Ascheschicht hinein und konnte messen, wie viele Teilchen sich pro Kubikzentimeter in der Luft befinden. Messungen ergaben auch dort, dass sich die Aschewolke weiter gesenkt hatte.

Die Flugzeugmessungen finden im Zusammenhang mit den Projekten MAIOLICA und IMBALANCE des Kompetenzzentrums für Umwelt und Nachhaltigkeit (CCES) statt.
Das CCES-Projekt MAIOLICA untersucht Treibhausgas-Emissionen aus terrestrischen und aquatischen Ökosystemen und die damit zusammenhängenden Prozesse in und Wechselwirkungen mit der Atmosphäre. Dazu werden auf der lokalen, regionalen und globalen Ebene verschiedene experimentelle Ansätze mit Modellierungsverfahren kombiniert. Unter anderem werden im Rahmen von Messflügen Treibhausgase-Konzentrationen erhoben.
Im CCES-Projekt IMBALANCE werden die physikalischen und chemischen Eigenschaften von Aerosolen untersucht, welche bei der Verbrennung von Biomasse entstehen. Weiter werden die Abbauprozesse der Aerosole und ihr Beitrag zur Wolkenbildung analysiert.