Veröffentlicht: 01.03.10
Projekt Citius

Citius blieb ungekrönt

Vancouver ist Geschichte, und trotz Citius-Bob gab es keinen einzigen Podestplatz für das Schweizer Bobteam. Weshalb der ETH- Bob trotz Erfolgen in den Welt- und Europacup-Rennen der Konkurrenz im entscheidenden Moment hinterherfuhr, ist eine offene Frage.

Simone Ulmer
Ivo Rüegg und Cédric Grand im Zweierbob-Rennen bei den Olympischen Spielen in Vancouver. (Bild: Keystone/CJ Gunther)
Ivo Rüegg und Cédric Grand im Zweierbob-Rennen bei den Olympischen Spielen in Vancouver. (Bild: Keystone/CJ Gunther)

Ein undankbarer vierter Platz für Ivo Rüegg und Cédric Grand im Zweier-Bob und einen zehnten und zwölften Platz für die Schweizer Bob-Damen, erreichten die Schweizer Bobfahrer mit dem Citius-Bob bei den Olympischen Spielen in Vancouver. Im Viererrennen, bei dem kein Citius-Bob eingesetzt wurde, schaffte es Ivo Rüegg mit seinem kurzfristig zusammengestellten Team, bestehend aus Cédric Grand, Thomas Lamparter und Beat Hefti nur auf Platz sechs. Die Enttäuschung ist gross, ist es doch das erste Mal seit 1964, dass die Schweizer Bobnation keine Medaille bei den Olympischen Spielen holt.

Vor Olympia auf Erfolgskurs

Dabei ist die Wintersaison 2009/10 nahezu perfekt gewesen: Rüegg gewinnt mit seinem Zweier-Citius den Gesamtweltcup 2010, Beat Hefti hat sich mit Citius den Europameistertitel geholt. Insgesamt fahren die Schweizer mit Citius im Welt- und Europacup 18 Medaillen ein - beste Voraussetzungen für die Olympischen Spiele in Vancouver 2010. Die Schweiz schaffte es sogar, eine von den drei Nationen zu sein, die sich mit drei Teams, mit den Piloten Ivo Rüegg, Beat Hefti und Daniel Schmid, für Olympia qualifizierte. Doch der umstrittene Eiskanal in Whistler machte vielen Weltklasseathleten einen Strich durch die Rechnung.

Nur eins von drei Teams am Start

Nach schweren Stürzen in den Trainingsläufen verzichteten Hefti und Schmid auf einen Start. Von den drei qualifizierten Schweizer Teams hielt nur Rüegg der anspruchsvollen Eisbahn stand. Rüegg äusserte bereits vorab, dass er das Gefühl habe, dass ihm dieser Eiskanal läge.

Christian Reich, Projektleiter von Citius und Olympiamedaillengewinner im Zweierbob in Salt Lake City, hatte im Vorfeld zwar betont, dass Citius für eine Hochgeschwindigkeitsstrecke wie Whistler entwickelt wurde. «Das ist genau die Bahn, die der Schlitten braucht.» Doch der Tod des georgischen Rennrodlers Nodar Kumaritaschwili am Eröffnungstag der Spiele und die vielen Stürze der Bobfahrer in den Trainingsläufen und während des Wettkampfs verlangten von den Athleten besonders starke Nerven.

Nicht vom Fleck gekommen

Rüegg und Grand schafften es nur auf den vierten Rang. Schuld waren dabei vermutlich die schlechten Startzeiten der beiden, da sie mit dem steilen Startbereich nicht gut zu Recht kamen. Seine ganze Hoffnung setzte der sichtlich enttäuschte und niedergeschlagene Rüegg auf den Vierer, bei dem er mit Hefti und Lamparter auf gute Starter hoffen konnte . Aber auch diese Läufe begannen für Schweiz I harzig: Rang acht nach dem ersten Lauf. Im zweiten Durchgang schob sich das Team zwar auf Rang vier nach vorne, konnte die gute Ausgangslage jedoch nicht weiter nutzen. Schweiz I startete in die letzten beiden Läufe mässig, fuhr fehlerhaft und wurde wieder auf den sechsten Rang zurückgeworfen.

Aber nicht nur der Schweizer Bob hatte Probleme. Im Vorfeld musste ein Trainingslauf abgebrochen werden; nachdem sechs Mannschaften während der ersten beiden Olympia-Rennen von Freitag auf Samstag gestürzt waren, wurde die Bahn erneut nachgebessert. In den letzten beiden Rennen um olympisches Edelmetall erreichten zwar alle Mannschaften ohne Sturz das Ziel, aber Rüegg und sein Team vermochten dennoch nicht mit Steven Holcomb (USA, Gold), Andre Lange (Deutschland, Silber) und Lyndon Rush (Kanada, Bronze) mitzuhalten. Es fehlten dem Team gar 86 Hundertstel auf die Bronzemedaille.

Ein Bob ein Team?

Dies warf bei den Schweizer Fernsehmoderatoren einmal mehr die Frage auf, warum Rüegg nicht mit einem Citius-Schlitten fuhr. Dass Rüeggs Wallner-Schlitten nicht ideal war, hatte Christian Reich, der für das Schweizer Fernsehen die Bobrennen vor Ort in Vancouver kommentierte, mehr als einmal während der Wettkämpfe angesprochen. Nachdem beim ersten Lauf Verständigungsprobleme dem Rüegg-Team eine schlechte Startzeit einbrachten, warf dies zudem die Frage auf, ob das Rüegg-Team überhaupt ein «Team» sei.

Grund dafür war, dass kurz vor Olympia der Bobverband und Swiss Olympic für Unmut bei den Athleten sorgten, indem sie Lamparter aus Heftis Team zu Rüegg in den Schlitten steckten, woraufhin der Pilot Hefti sich anbot, ebenfalls bei Rüegg mitzufahren. Dem vermeintlichen «Dream-Team» schien es in der kurzen Zeit jedoch nicht gelungen zu sein, sich aufeinander einzuschwören. So hatte das Sprintgenie Hefti, von dessen Anschiebe-Power man sich viel erhoffte, Rüeggs Kommando nicht gehört, da es am Start zu laut gewesen sei. Der schlechte erste Lauf war nicht mehr wettzumachen, auch wenn es von da an beim Start der Schweizer am oberen Ende der Bahn auffallend ruhig war.

Die Olympischen Spiele von Vancouver sind trauriger Abschluss eines Projekts, dem die erfolgreichen Weltcup- und Europacuprennen Erfolg ausgewiesen haben. Die besonderen Umstände in Whistler und die Unstimmigkeiten im Vorfeld der Spiele, indem die Mannschaften neu gemischt wurden, verlangten von den Athleten offenbar zu viel ab. Einmal mehr bestätigte sich in Whistler, dass der beste Schlitten ohne physisch sowie psychisch top aufgestellte Athleten nicht zum Sieg verhilft.

 
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