Veröffentlicht: 21.01.10
focusTerra

Für Erdbeben sensibilisieren

Der Schweizer Erdbebensimulator hat nach einer mehr als dreijährigen Reise seinen definitiven Standort, die ETH Zürich, erreicht. Ab Sonntag können die Gäste des Museums focusTerra im Simulator erfahren, wie sich ein Erdbeben anfühlt und wie man sich im Ernstfall verhalten sollte.

Simone Ulmer
Im Erdbebensimulator der ETH Zürich erleben die Besucher, wie sich ein starkes Erdbeben anfühlt (Bild: P. Rüegg /ETH Zürich).
Im Erdbebensimulator der ETH Zürich erleben die Besucher, wie sich ein starkes Erdbeben anfühlt (Bild: P. Rüegg /ETH Zürich). (Grossbild)

Ab Sonntag wird der Schweizer Erdbebensimulator offiziell fester Bestandteil des Museums focusTerra der ETH Zürich sein. Unter hohem logistischem Aufwand, mit Winden, Seilen und Gabelstaplern, wurde das fast drei Tonnen schwere «Zimmer» in den Keller des Departements für Erdwissenschaften an der Sonneggstrasse verfrachtet und aufgebaut.

Schock ohne Zerstörung

Fast glaubt man, es sei ein normales Zimmer, mit Bildern an den Wänden, Pult und Stühlen, sowie Regalen, auf denen diverse Utensilien stehen. Nur ein beiger Metallkasten in einer Ecke des Zimmers weist darauf hin, dass es sich nicht um einen normalen Raum handelt. Er enthält einen Computer, in den Erdbebensignale von echten Beben, aufgezeichnet in 10 bis 15 km Entfernung vom Erdbebenherd, eingespeist werden. Der Rechner überträgt diese in Befehle an einen Elektromotor, der das auf 24 Achsen mit jeweils zwei Rädern gelagerte Zimmer in Bewegung bringt und auf diese Weise ein Schütteln erzeugt. Die simulierten Erdbeben können bis hin zur Magnitude 8 reichen – ein Beben, das grossflächig Zerstörung mit sich bringen würde und stärker als jenes wäre, das für Haiti am 12. Januar Tod und Verwüstung brachte.

«Die simulierten Beben fühlen sich an wie echte Beben, jedoch fehlen die typischen Geräusche, etwa ein Knallen oder Grollen, die ein Erdbeben begleiten, und die Bewegungen verlaufen nicht seitlich oder vertikal, sondern nur in eine Richtung, hin und zurück», sagt Florian Haslinger, stellvertretender Direktor des Schweizerischen Erdbebendienstes SED. Ausserdem stürzen im Simulator weder Decken noch Wände ein. Doch es fliegen eindrücklich Buntstifte und Blumentöpfe aus Plastik durch die Gegend, und die Lampen wackeln bedrohlich.

Wer die neue Attraktion von focusTerra sehen und mehr über Erdbeben erfahren will, hat am Sonntag, den 24. Januar 2009, die Möglichkeit, an der offiziellen Einweihung des Simulator teilzunehmen. Zwischen 10:00 und 16:00 Uhr erklären Erdbebenspezialisten des Schweizerischen Erdbebendienstes, wie mit dem drei Tonnen schweren Gerät Bodenbewegungen von Erdbeben nachgeahmt werden. Die Wissenschaftler werden auch die Frage beantworten, ob sich in der Schweiz ein Beben wie in Haiti ereignen könnte, und welche Auswirkungen es hätte.

Im Zeichen der Katastrophe von Haiti

Für die Seismologen ist der Zeitpunkt der Einweihung des Simulators, so kurz nach der verheerenden Katastrophe in Haiti, aber auch zwiespältig. Sie betonen, dass der Erdbebensimulator kein «Fun»-Objekt sei, auch wenn manch einem im Simulator der Ernst der Sache nicht bewusst sein sollte. Der Erdbebensimulator soll die Menschen für Erdbeben sensibilisieren. Die Forscher erzählen, was mit Gebäuden im Erdbebenfall passiert, wie man sich verhalten sollte und schützen kann. Denn nicht nur in der Schweiz besteht Erdbeben-Gefahr: «In vielen Urlaubsländern ist die Erdbebengefahr grösser als in der Schweiz», sagt Haslinger.

Neben den Vorträgen, Experimenten und Führungen gibt es auch ein besonderes Angebot für Kinder: Mit Legos können sie auf einem so genannten Rütteltisch Häuser bauen und schauen, ob diese durch ein erdbebenähnliches Rütteln zerstört werden. Lehrer und Schüler sollen den Erdbebensimulator ab Sommer 2010 besuchen können und mit umfangreichen Präsentationen für einen Erdbebenfall geschult werden.

Schweizer Erdbebensimulator

Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) hat den Erdbebensimulator dereinst mit Unterstützung der kantonalen Gebäudeversicherung Freiburg und der Stiftung für Baudynamik und Erdbebeningenieurwesen entwickeln und in den USA bauen lassen. Ziel war, Bauherren, Architekten, Ingenieure, Kantonsbehörden und die Bevölkerung für die Erdbebenvorsorge zu sensibilisieren. Im Herbst 2006 wurde der Simulator an der Foire du Valais erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt, von wo er bis anhin - etwa über Olma und Züspa - quer durch die Schweiz tourte.

Eröffnung des Erdbebensimulators an der ETH Zürich:
Sonntag, 24. Januar 2010, 10.00-16.00 Uhr
focusTerra, Sonneggstr. 5, (NO-Gebäude), 8006 Zürich.
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