Veröffentlicht: 06.01.10
Astrophysik

Astrophysiker blicken in Kindheit der Galaxien

Eine neue Kamera am Hubble-Teleskop liefert Bilder aus nie vorher beobachteten Tiefen des Alls. ETH-Physiker untersuchen darauf die ältesten Galaxien, die je entdeckt wurden.

Niklaus Salzmann
Was für Laien nur als schwache Punkte zu erkennen ist, sind Galaxien im frühen Universum. Die Rotverschiebung z ist ein Mass für das Alter der Galaxien; z~7 bezeichnet Galaxien rund 800 Millionen Jahre, z~8 rund 650 Millionen Jahre nach dem Urknall. (Bild: NASA, ESA, G. Illingworth, R. Bouwens and HUDF09 Team / P. Oesch)
Was für Laien nur als schwache Punkte zu erkennen ist, sind Galaxien im frühen Universum. Die Rotverschiebung z ist ein Mass für das Alter der Galaxien; z~7 bezeichnet Galaxien rund 800 Millionen Jahre, z~8 rund 650 Millionen Jahre nach dem Urknall. (Bild: NASA, ESA, G. Illingworth, R. Bouwens and HUDF09 Team / P. Oesch)

Marcella Carollo, Professorin für Astrophysik an der ETH Zürich, und ihr Doktorand Pascal Oesch untersuchen Galaxien, deren Licht 13 Milliarden Jahre lang unterwegs durch das All war, bevor es am Hubble-Teleskop auftraf. Damals war das Universum erst wenige hundert Millionen Jahre alt – was Carollo und Oesch betrachten, sind gewissermassen Ur-Galaxien, aus denen heutige Galaxien entstanden sind. Pascal Oesch: «Diese Galaxien sind rund 20 Mal kleiner als die Milchstrasse.» Sie erhoffen sich Rückschlüsse auf den Prozess, wie sich daraus grössere Galaxien wie die Milchstrasse entwickelt haben.

Tiefer Blick ins All

Diese frühen Galaxien leuchten nur schwach, zudem befinden sie sich extrem weit weg. Deshalb wurde das Hubble-Teleskop für die Beobachtungen auf eine Region des Himmels gerichtet, wo besonders wenig Sternenlicht die spannenden Galaxien überstrahlt. Diese Region heisst Ultra Deep Field, weil dank langer Beobachtungszeit der Blick dort besonders tief ins All dringt. Marcella Carollo und Pascal Oesch gehören zum UDF09-Team, welches von Garth Illingworth von der University of California in Santa Cruz geleitet wird – UDF steht für Ultra Deep Field, und 09 bezeichnet die Jahrzahl der neusten Daten.

Auf früheren Bildern, welche das Hubble-Teleskop vom Ultra Deep Field geliefert hatte, hatten Carollo und Oesch bereits vier Galaxien aus dem 600 bis 800 Millionen Jahre jungen Universum entdeckt. Mit der neuen Kamera, die mehr als 20 Mal sensibler ist als ihre Vorgängerinstrumente, konnten sie nun bereits mehrere Dutzend Galaxien aus dieser Zeit erkennen. Zudem vermuten sie von drei Galaxien, dass sie aus dem nur 500 Millionen Jahre alten Universum stammen – eine entsprechende Publikation wird zur Zeit von der Wissenschaftszeitschrift Nature geprüft.

Dass die neue Kamera am Hubble-Teleskop Daten liefert, die für Marcella Carollos Forschung interessant sind, ist kein Zufall – sie ist eine von 15 Forschern im wissenschaftlichen Komitee, das in den vergangenen zwölf Jahren im Auftrag der NASA die Entwicklung der Kamera begleitet hat und insbesondere gesteuert hat, für welche Beobachtungen das Instrument optimiert wurde. Aus diesem Grund gehörte sie auch zu den ersten, welche die Daten zu Gesicht bekam, so dass sie mit Pascal Oesch und weiteren Ko-Autoren bereits im September – drei Wochen nach Start der Kamera – erste Resultate veröffentlichen konnte.

Grenzen des sichtbaren Universums

In wenigen Jahren soll ein neues Teleskop es gar erlauben, Sterne der ersten Generation zu beobachten, die vermutlich noch vor den ersten Galaxien entstanden sind. Das James Webb Space Telescope, das wie auch Hubble von der amerikanischen und der europäischen Raumfahrtagentur (NASA und ESA) gemeinsam betrieben wird, soll im Jahr 2014 ins All starten. Das Webb-Teleskop arbeitet 1.5 Millionen Kilometern von der Erde entfernt – das ist weiter weg als der Mond und kein Vergleich zu den 600 Kilometern Entfernung, in denen das Hubble-Teleskop die Erde umkreist. Das heisst aber nicht, dass die Arbeit mit Hubble umsonst ist. Marcella Carollo erklärt: «Die aktuellen Messungen helfen uns, unsere Strategien zu optimieren, um mit dem Webb-Teleskop Objekte an den Grenzen des sichtbaren Universums zu finden.» Und wieder wird die ETH Zürich an vorderster Front dabei sein: Simon Lilly, Professor für Experimentelle Astrophysik, ist Mitglied der Flight Science Working Group für das James Webb Space Telescope.

 
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