Veröffentlicht: 26.11.09
Schweizer Hochschulbibliotheken

Über eine Million Seiten digitalisiert

Im grössten digitalen Zeitschriftenarchiv der Schweiz lassen sich über eine Million Seiten finden und laufend kommen neue dazu. Das Portal retro.seals.ch bietet im Internet derzeit über 50 wissenschaftliche Schweizer Zeitschriften aus den verschiedensten Fachgebieten an.

MM
Im DigiCenter der ETH-Bibliothek werden pro Monat 30'000 Zeitschriftenseiten eingelesen. (Bild: ETH Zürich/Josef Kuster)
Im DigiCenter der ETH-Bibliothek werden pro Monat 30'000 Zeitschriftenseiten eingelesen. (Bild: ETH Zürich/Josef Kuster) (Grossbild)

Der Scanroboter surrt, saugt zwei Buchseiten gleichzeitig an, scannt sie und blättert um. Der Prozess beginnt von vorne, während eine Mitarbeiterin im DigiCenter der ETH-Bibliothek bereits am Bildschirm kontrolliert, ob der Roboter auch die gewünschte Qualität geliefert hat. Das DigiCenter besitzt aber nicht nur einen modernen Scanroboter – es gibt nur zwei vergleichbare Modelle in der Schweiz – sondern auch noch drei spezielle Buchscanner für wertvolle Bücher und einen schnellen Einzelblattscanner. Mit Hilfe dieser Technik und engagierten Studierenden, die im DigiCenter Teilzeit arbeiten, ist es der ETH-Bibliothek möglich, pro Monat rund 30´000 Zeitschriftenseiten einzulesen. Nachdem das Projekt vor vier Jahren gestartet wurde, darf nun eine runde Zahl gefeiert werden: Soeben wurde die millionste Seite auf dem Portal retro.seals.ch aufgeschaltet.

Eine wahre Fundgrube

Retro.seals.ch deckt eine Vielfalt an Fachgebieten ab: Ingenieure werden gleichermassen fündig wie Historiker oder Mathematiker: Die «Schweizerische Bauzeitung» mit ihrer Nachfolgerin «TEC21» ist ebenso vorhanden wie die «Botanica Helvetica» oder «Der Schweizer Geograph». Zurzeit kann sich der Benutzer über 50 Zeitschriften aus den verschiedensten Fachgebieten ansehen und bequem als PDF downloaden. Ziel ist, jeweils die gesamte Zeitschrift zugänglich zu machen. Da viele Zeitschriftenverlage nach einer Sperrfrist auch die neusten Hefte freigeben, stammt das älteste Heft von 1836, während das jüngste erst vor wenigen Monaten erschienen ist.

Das Webportal ist sehr benutzerfreundlich: Die digitalisierten Zeitschriften zeichnen sich durch eine hohe Bildqualität und optimale Suchmöglichkeiten aus. Wie bei den meisten Portalen ist eine Volltextsuche möglich. Da die ETH-Bibliothek aber in Handarbeit Inhaltsverzeichnisse, Titel und Inhaltsangaben erfasst – ein Prozess, der aufwendiger ist und oft länger dauert, als das eigentliche Einscannen – ist eine schnelle und vor allem treffsichere Detailsuche möglich.

Zur Erfolgsgeschichte entwickelt

Was im Jahr 2005 als eher kleines Projekt begann, hat sich zu einer eigentlichen Erfolgsgeschichte entwickelt: Die Zahl der Anfragen von Verlagen steigt stetig. Diese profitieren von der professionellen Digitalisierung und Archivierung. Obwohl die ETH-Bibliothek die Kapazitäten massiv ausgebaut hat, müssen Verlage Wartezeiten in Kauf nehmen. «Alle Zeitschriften – wie zum Beispiel die «Allgemeine Schweizerische Militärzeitung», die wir zurzeit digitalisieren – haben ihre Eigenheiten und benötigen sorgfältige Planung und individuelle Arbeitsvorbereitung», erklärt die Projektleiterin Yvonne Inden. Deshalb sei jede neue Zeitschrift, die dazukomme, eine neue Herausforderung. Das Interesse an der Zeitschriftenplattform ist aber auch auf der Benutzerseite gross. Immer mehr Leserinnen und Leser schätzen das umfassende Angebot – täglich besuchen über 3000 Personen das Portal.

Stetiger Ausbau

Retro.seals.ch wird in Zusammenarbeit mit Verlagen und weiteren Partnern stetig zu einem nationalen Zeitschriftenportal ausgebaut. Bibliotheken aus der ganzen Schweiz stellen nun ihre digitalisierten Zeitschriften ebenfalls über das Portal zur Verfügung. Bis zum Ende des Projekts im Jahr 2011 werden über 20 weitere Zeitschriften hinzukommen. Wolfram Neubauer, Direktor der ETH-Bibliothek und Leiter des Konsortiums, bekräftigt: «Es laufen bereits Überlegungen, damit diese Dienstleistung auch in Zukunft weitergeführt werden kann. Wir sind bestrebt, bislang einzig in physischer Form vorhandene Zeitschriften in die digitale Welt zu bringen.»

Projekt retro.seals.ch

Das Digitalisierungsprojekt ist Teil des grossen Innovations- und Kooperationsprojekts «E-lib.ch: Elektronische Bibliothek Schweiz», in dessen Rahmen unter anderem Bestände der Schweizer Bibliotheken Schritt für Schritt digitalisiert werden. Retro.seals.ch wurde vom Konsortium der Schweizer Hochschulbibliotheken und der ETH-Bibliothek in Kooperation mit verschiedenen Partnern aus Verlagen und Bibliotheken ins Leben gerufen. Die Partner wollen so Schweizer Fachzeitschriften von ihrer ersten Ausgabe an digitalisieren und auf dem Webportal öffentlich und kostenlos anbieten.
Das Konsortium der Schweizer Hochschulbibliotheken ist ein Zusammenschluss aller Schweizer Hochschulbibliotheken, welcher die optimale elektronische Informationsversorgung der Hochschulen gewährleistet. Es wird von seinen Mitgliedern finanziert. Mit dem Innovations- und Kooperationsprojekt «E-lib.ch: Elektronische Bibliothek Schweiz» soll ein nationales Portal geschaffen werden, das digitale Inhalte bereitstellt und so die Recherche nach wissenschaftlichen Informationsressourcen erleichtert. E-lib.ch wird von der Schweizerischen Universitätskonferenz (SUK), vom ETH-Rat und vom Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT) gefördert.

 
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