Veröffentlicht: 24.09.09
Geologie

Ozeane von Vulkanen erstickt

In der Erdgeschichte gab es immer wieder starke Vulkanausbrüche, deren Kohlendioxid-Ausstoss zu dramatischen Klimaänderungen führte. Für eines dieser Ereignisse erstellten Forscher eine hochauflösende Kurve der Kohlenstoff-Isotopenverhältnisse und zeigten damit, dass Vulkane in der Lage sind, die Erde in ein Treibhaus zu verwandeln und den Ozeanen den Sauerstoff zu rauben.

Simone Ulmer
Der Kohlendioxid-Ausstoss durch gigantische Vulkanausbrüche - im Bild der Mount St. Helens - führte in der Erdgeschichte zu drastischen Klimaschwankungen. (Bild: USGS)
Der Kohlendioxid-Ausstoss durch gigantische Vulkanausbrüche - im Bild der Mount St. Helens - führte in der Erdgeschichte zu drastischen Klimaschwankungen. (Bild: USGS) (Grossbild)

Forscher der ETH Zürich sowie der Universitäten Zürich und Mailand untersuchten Sedimente aus der Kreidezeit in der «Cismon-Bohrung» aus Norditalien. Diese spiegeln eine Zeit der Erdgeschichte wider, in der der CO2-Gehalt der Atmosphäre hoch und die Weltmeere sauerstoffarm waren. Der Ursache hierfür sind die Wissenschaftler in ihrer Studie auf den Grund gegangen.

Sauerstoffarm, so wie es heute das Schwarze Meer ist, waren auch die Weltmeere in bestimmten Phasen der Erdgeschichte: Auf derartige so genannte anoxische Ereignisse weisen Sedimentablagerungen hin, wie etwa Schwarzschiefer, die reich an organischem Material und meist Erdöl-Muttergesteine sind. Zur Sauerstoffarmut der Weltmeere trugen Kohlendioxid-Gehalte der Atmosphäre, die vier bis sechs Mal höher waren als heute, sowie veränderte Tiefenwasserströmungen in den Ozeanen, bei.

Bisher ist jedoch nicht eindeutig geklärt, welche Mechanismen Treibhausbedingungen und die dadurch verursachten anoxische Ereignisse auslösen, die vermutlich zu wiederholtem Artensterben in der Erdgeschichte führten; wie etwa jenes vor etwa 251 Millionen Jahren, am Übergang von der Perm- in die Triaszeit, bei dem in den Meeren 90 Prozent und an Land 70 Prozent aller Arten ausstarben. Bekannt ist, dass solche Umweltbedingungen mit einer raschen Erwärmung des Klimas einhergingen.

Vulkanismus oder Gashydrate

Eine mögliche Ursache für derartige Treibhausbedingungen und den damit einhergehenden anoxischen Ereignissen ist der CO2-Ausstoss durch gigantische Magma-Eruptionen aus dem Erdinnern, die heute als Flutbasalte oder Vulkanprovinzen die Erdoberfläche prägen. Beispiele sind die so genannten Deccan Trapps in Indien und die Sibirischen Trapps in Russland, die bis zu 3000 Meter dick sind und eine Fläche so gross wie Europa bedecken.

Ein weiterer möglicher Mechanismus für den Temperaturanstieg ist der Austritt enormer Mengen Methan in die Atmosphäre. Das Methan stammt laut dieser Hypothese aus Gashydraten, den Gitterpackungen aus Methan und Wassermolekülen, die bei niedrigen Temperaturen und hohem Druck stabil und ähnlich wie Eis sind. Sie kommen auf Ozeanböden in grossen Mengen vor – das geschätzte Energiepotential der Gashydrate übertrifft jenes von Öl, Gas und Kohle um ein Vielfaches. Erdbeben und Rutschungen am Meeresgrund können dazu führen, dass sie instabil werden und dass Methan freigesetzt wird.

CO2-Fieberkurven

Die Forschungsgruppe der beiden ETH-Professoren Helmut Weissert und Stefano Bernasconi vom Departement für Erdwissenschaften untersucht, wie die Biosphäre auf extreme Störungen des globalen Klimas in der Erdgeschichte reagiert hat. «Dabei ist für uns besonders die Frage spannend, warum manche Klimaänderungen grosse Aussterbensereignisse mit auslösten und andere nicht», sagt Weissert. Dafür gibt es bisher noch keine schlüssigen Erklärungen. Sie vergleichen deshalb die Zeiten der grossen Aussterbeereignisse mit jenen, in denen Leben besser auf extreme Treibhausbedingungen reagieren konnte.

Die Schwarzschiefer der «Cismon-Bohrung» bildeten sich im Zeitalter der Kreide, vor etwa 120 Millionen Jahren, im damaligen Tethys-Meer. Sie stammen von einem der beiden grossen anoxischen Ereignisse in der für heutige Verhältnisse ungewöhnlich warmen Kreidezeit, welches etwa eine Million Jahre andauerte. Während dieser Zeit schlugen die aus den Sedimentanalysen generierten Kohlenstoffisotopenkurven Kapriolen: Zickzack-Muster zeigen gravierende Änderungen im Kohlenstoffhaushalt der Erde an.

Die Forscher haben diese nun durch zahlreiche Probennahmen und -analysen detailliert aufgelöst. Dazu haben sie sowohl die Kohlenstoff-Isotopenverhältnisse des anorganischen Kohlenstoffs in Karbonaten gemessen, sowie die Isotopenverhältnisse des organischen Kohlenstoffs und der Biomarker. Diese sind Kohlenwasserstoffe, die aufgrund ihrer Struktur eindeutig als Produkte von Algen oder von terrestrischen Pflanzen bestimmt werden können. «Die Analyse dieser Biomarker zeigt uns, wie die terrestrische und marine Biosphäre auf den CO2-Anstieg reagierte», erklärt Bernasconi.

Kein Hinweis auf Methanexplosion

Die hochauflösenden Kurven lassen fünf Intervalle unterscheiden, von denen die ersten drei für die Wissenschaftler besonders aussagekräftig waren. Sie interpretieren das erste Intervall, bei dem die Isotopenverhältnisse des anorganischen Kohlenstoffs leicht und diejenigen des organischen Kohlenstoffs stark abnehmen, als Hinweis auf einen CO2-Eintrag von schätzungsweise 3200 Milliarden Tonnen durch einen mehrere tausend Jahre anhaltenden Vulkanismus. Das zweite Intervall zeigt laut den Forschern einen globalen Wechsel im ozeanischen und festländischen Kohlenstoffhaushalt an sowie einen anhaltenden Vulkanismus und CO2- Ausstoss.

Die kleiner werdenden Isotopen-Verhältnisse im dritten Intervall fallen laut den Forschern mit der Ablagerung der Schwarzschiefer zusammen. «Zu dieser Zeit dürfte die CO2-Konzentration die Grössenordnung von 1000ppm erreicht haben», sagt Weissert. Dies lassen auch die stark dezimierten Kalkschalenbildner in den Sedimenten vermuten. Der durch das Kohlendioxid sinkende pH-Wert des Wassers verkleinerte den Lebensraum der Kalkschalenbildner und liess sie teilweise aussterben.

Die Wissenschaftler interpretieren ihre Ergebnisse dahingehend, dass in erster Linie Vulkaneruptionen, die das so genannte Ontong Java Plateau nördlich der Salomon Inseln im Pazifik entstehen liessen, den ausserordentlich schnellen  CO2-Anstieg vor 120 Millionen Jahren verursachten. «Methanexplosionen hätten im Kalk ein ausgeprägtes Isotopensignal hinterlassen. Das fehlt in den untersuchten Gesteinsarchiven», weiss Weissert.

Eine weitere Studie eines internationalen Forscherteams in derselben Ausgabe der Fachzeitschrift «Geology» untermauert die Studie der Forscher, da sie in ihrer Publikation über Osmium-Isotopen-Messungen ebenfalls eine direkte Verbindung zwischen der Entstehung des Ontong Java Plateaus und dem anoxischen Ereignis herstellten.

Literaturhinweis

Méhay S, Keller CE, Bernasconi SM, Weissert H, Erba E, Cinzia Bottini C & Hochuli PA: A volcanic CO2 pulse triggered the Cretaceous Oceanic Anoxic Event 1a and a biocalcification crisis,  Geology (2009), 37, 819-822, doi:10.1130/G30100A.1

 
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