Veröffentlicht: 17.06.09
Rössler Preis für Nenad Ban

Schwierige Forschung an grossen Brocken

Der Strukturbiologe Nenad Ban erhält den Rössler-Preis, mit dem seine Forschung mit 200‘000 Franken gefördert wird. Ban und seine Gruppe haben in den letzten Jahren die Strukturen von wichtigen und komplexen Makromolekülen geklärt.

Peter Rüegg
Donator Max Rössler (links) überreicht Nenad Ban, Professor für molekulare Strukturbiologie an der ETH Zürich, den Rössler-Preis am «Thanksgiving»- Anlass der ETH Zürich Foundation. (Bild: Oliver Bartenschlager/ETH Zürich)
Donator Max Rössler (links) überreicht Nenad Ban, Professor für molekulare Strukturbiologie an der ETH Zürich, den Rössler-Preis am «Thanksgiving»- Anlass der ETH Zürich Foundation. (Bild: Oliver Bartenschlager/ETH Zürich) (Grossbild)

Zahlreiche Molekülmodelle stehen in den Regalen in Nenad Bans Büro. Die meisten sind eher klein, vielleicht faustgross. Doch darunter ist eines, das hervorsticht. Es ist um ein Mehrfaches grösser als die anderen, tonnenförmig und ziemlich bunt. Ban nimmt es vorsichtig in die Hand, dreht es. Es ist das Modell der Fettsäure-Synthase, ein grosses Multi-Enzym, das für die Synthese von Fettsäuren in der Zelle verantwortlich ist. Das Modell selbst wurde «gedruckt» von einem 3-D-Printer, den ansonsten Architekten für den Druck ihrer Modelle verwenden. Schicht für Schicht legt der Printer ein Polymerpulver ab, das an den entsprechenden Stellen mit Leim gehärtet wird, der Rest bleibt pulverförmig. «Am Ende entsteht ein Staubhaufen, aus dem wir wie Archäologen das Molekülmodell freilegen», sagt Ban.

Ohne SLS keine Strukturmodelle

Doch bis das Strukturmodell aus dem Polymer-Staub entsteht, ist es ein weiter Weg, der Jahre von Forschung braucht. Vor allem wenn es sich um ein derart komplexes grosses Molekül handelt wie die Fettsäure-Synthase. Diese sei mit 2.5 Megadalton Molekulargewicht eines der grössten Enzyme der Zelle, betont der ETH-Professor. Und von solchen Riesen die Struktur zu bestimmen, sei sehr aufwändig und kompliziert, nicht zuletzt deshalb, weil sie heterogen aufgebaut und trotz ihrer Grösse flexibel seien. Ausserdem ist es schwierig, gute Kristalle von solchen Molekülen zu züchten. Die Proteinkristalle werden schliesslich an der Swiss Light Source SLS am PSI «geröntgt», und das Streuungsmuster, das die Forscher erhalten, wenn Röntgenstrahlen an Atomen abgelenkt werden, dient dazu, die exakte Position der Atome im Kristallgitter zu berechnen. «Die Nähe zur SLS mit ihren qualitativ hochstehenden Strahllinien ist für uns entscheidend, um in der Strukturbiologie an der Spitze mitzuhalten», weiss Ban.

Die Früchte einer erfolgreichen Phase

In den vergangenen Jahren haben Ban und seine Gruppe auf diese Weise nicht nur die Struktur der Fettsäure-Synthase bestimmen können, sondern auch diejenigen von mehreren ribosomalen Komplexen. Ribosomen sind die Maschinen in der Zelle, die aufgrund der genetischen Information Aminosäuren zu Polypeptiden zusammenfügen. Für diese Forschungsarbeiten erhält der ETH-Professor nun den erstmalig vergebenen Max Rössler Preis der ETH, ein Förderpreis, der mit 200‘000 Franken dotiert ist. Diese Summe steht ihm für freie Forschung zur Verfügung. Ban betont, dass dieser Preis an die ganze Gruppe geht. «Wir haben in den letzten Jahren eine sehr erfolgreiche Phase erlebt», sagt er. Das sei in der Forschung, die selten nach Plan verlaufe, ungewöhnlich. Die ETH gewähre die Art von Unterstützung, die nötig sei, um solch anspruchsvolle Forschungsprojekte durchführen zu können.

Wertvolle Grundlagen

Der 43-jährige gebürtige Kroate ist seit 2000 an der ETH tätig, erst als Assistenzprofessor, seit Februar 2008 als ordentlicher Professor für molekulare Strukturbiologie. Der Sohn eines Chemieprofessors und einer Biologieprofessorin studierte Molekularbiologie an der Universität Zagreb. Seine Doktorarbeit absolvierte er an der University of California in Riverside, danach folgte ein Postdoc an der Yale Universität, wo er die Struktur der grossen Untereinheit des Ribosoms entschlüsselte. Dort lernte er auch seine Frau kennen, die heute ebenfalls an der ETH forscht.

Die Arbeit an den Strukturen von Makromolekülen sei Grundlagenforschung, so Ban. Diese Strukturkenntnisse sind unerlässlich, um das Funktionieren dieser Moleküle besser zu verstehen. Das wiederum kann für die Pharmaforschung interessant sein, die gezielt Wirkstoffe gegen verschiedene Krankheitserreger entwickeln kann, um essentiell wichtige Zellmaschinerien, wie sie die Ribosomen oder Fettsäure-Synthasen sind, wie beim Schlüssel-Schloss-Prinzip zu besetzen, zu blockieren und lahmzulegen.

Rössler-Preis dank grosszügiger Schenkung

Der Rössler-Preis wird dieses Jahr zum ersten Mal vergeben. Ermöglicht wurde der Preis durch die letztjährige Donation von Max Rössler und des «Max Rössler Fonds der Stiftung Empiris» an die ETH Zürich Foundation in der Höhe von 10 Mio. Franken. Der Kapitalertrag wird dazu verwendet, herausragende strategische Projekte und Talente gezielt zu fördern. Diese werden durch die ETH ausgewählt und dem Vergabeausschuss der Foundation vorgeschlagen. Für den ETH-Alumnus und ehemaligen Mathematikdozenten Max Rössler, der auch seine Kompetenzen in der Vermögensverwaltung der ETH Zürich Foundation zur Verfügung stellt, bedeutet die qualitativ hochstehende Ausbildung sehr viel: «Die Schweiz ist mehr denn je angewiesen auf gut ausgebildete und innovative Ingenieure, Mathematiker und Naturwissenschaftler. Mit meiner Schenkung will ich etwas bewegen und kreative Talente fördern.»

Thanksgiving – ein Dankeschön an Donatoren

Der Max-Rössler-Preis wurde am Dienstagabend am «Thanksgiving»-Anlass im neuen erdwissenschaftlichen Museum focusTerra der ETH Zürich zum ersten Mal verliehen. Der Name des Anlasses ist Programm: Die ETH Zürich und die ETH Zürich Foundation laden jeweils Donatorinnen und Donatoren ein und danken ihnen für ihr Engagement. Der Preis soll in Zukunft jährlich ausgerichtet werden. Über die ETH Zürich Foundation können Unternehmen, Privatpersonen und andere Stiftungen gezielt die Lehre und Forschung an der ETH Zürich fördern.

 
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