Veröffentlicht: 16.02.09
Klimaforschung

«Klimaflimmern» am Ende der letzten Eiszeit

Die letzte Eiszeit zeichnete sich durch ausgeprägte Klimaschwankungen aus. Besonders am Ende dieser Zeit, vor rund 12’000 Jahren, in der sogenannten jüngeren Dryas, konnten Wissenschaftler nun besonders häufige und rasche Klimaänderungen nachweisen. Diese gingen einher mit schnellen Änderungen in der Zirkulation der Ozeane und der Atmosphäre.

Simone Ulmer
An Hand titanhaltiger Sedimente in Gletscherseen können die Forscher feststellen wann Gletscher stabil waren und wann sie schmolzen. (Bild: siyublog/flickr)
An Hand titanhaltiger Sedimente in Gletscherseen können die Forscher feststellen wann Gletscher stabil waren und wann sie schmolzen. (Bild: siyublog/flickr) (Grossbild)

Sedimentablagerungen in Seen sind die Klimaarchive der Vergangenheit. Ein internationales Forscherteam aus Norwegen, der Schweiz und Deutschland hat nun Seesedimente aus dem See Kråkenes im Nordwesten Norwegens untersucht, die aus der sogenannten Jüngeren Dryas stammen. In den Sedimenten fanden sie Hinweise darauf, dass es am Ende der letzten Eiszeit zu einem regelrechten «Klimaflimmern» gekommen war, während dem kalte und wärmere Phasen quasi oszillierten, bis dann der Übergang zum stabilen Klima des Holozäns – unserer jetzigen Zwischenwarmzeit – geschafft war. Die kurzfristigen und starken Schwankungen während der Jüngeren Dryas würden die heute stattfindenden „Extrem-Wetterereignisse“ in den Schatten stellen, erklärt Gerald Haug, Professor am Departement für Erdwissenschaften der ETH Zürich und Mitautor der Studie, die gestern in Nature Geoscience online publiziert wurde.

Jahreszeitliche Sedimentablagerungen

Hinweise auf diese starken Klimaschwankungen erhielten die Wissenschaftler etwa über die jahreszeitlichen Sedimentakkumulationen. Diese lassen sich in Seesedimenten ablesen wie Jahresringe in Bäumen. Bei Erwärmungsphasen und schmelzenden Gletschern steigt die Sedimentakkumulation an. Weitere Hinweise auf verändertes Gletscherwachstum erhielten die Wissenschaftler über das in den Sedimenten befindliche Element Titan. Indem die Gletscher die titanhaltigen Gesteine des Untergrunds abschleifen, reichern sie in den von ihnen mitgeschleppten Sedimenten Titan an. Mit dem Schmelzwasser gelangen die titanhaltigen Sedimente in die Seen, in welche die Gletscher teilweise entwässern. Anhand der Sedimentationsmenge und dem Titangehalt lässt sich deshalb feststellen, wann die Gletscher stabil waren und wann sie schmolzen. Die Forscher interpretierten die in den Sedimenten alle zehn Jahre wiederkehrenden Maxima als Phasen starker Gletscheraktivität durch Temperaturschwankungen und somit als wärmere Zeiten.

Scheinbar selbsterhaltender Kreislauf

Zusätzlich untersuchten die Wissenschaftler einen Sedimentkern aus Meeresablagerungen gleichen Alters im Nordatlantik. Dabei rekonstruierten sie die ehemalige Temperatur und den Salzgehalt des Wassers anhand von Mikrofossilien und dem Sauerstoffisotopenverhältnis im Sediment. Es zeigte sich, dass die aus den Seesedimenten und Meeressedimenten abgelesenen Ereignisse miteinander korrespondierten. «Die Gletscherschmelze wurde verursacht, indem der warme Golfstrom bis in diese Region vordrang», erklärt Gerald Haug. Durch die Erwärmung verlagerten sich die Westwinde nach Norden und brachten warme Luft nach Nordeuropa. Indem aber das Schmelzwasser in den Atlantik entwässerte, setzte es den Salzgehalt und die Dichte des Oberflächenwassers herab, wodurch sich die Konvektion im Ozean änderte und sich wieder neues Meereis bilden konnte. In der Folge wurden der Golfstrom und die Westwinde wieder aus dem Nordatlantikbereich zurückgedrängt und die Region kühlte sich wieder ab. Diese Abläufe wiederholten sich etwa 400 Jahre, bis sich schliesslich die heutige Warmzeit stabilisieren konnte.

Die sogenannte Würm-Kaltzeit begann vor rund 100‘000 Jahren und dauerte bis vor etwa 10‘000 Jahren an. In dieser Zeit kam es besonders im nordatlantischen Raum zu starken Schwankungen zwischen warmen und kalten Phasen. Die Jüngere Dryas, die zur heutigen Zwischenkaltzeit einleitete, ist eine der am bekanntesten und besten erforschten abrupten Klimaänderung jener Kaltzeit. Sie setzte vor etwa 12‘900 Jahren ein und führte in der nördlichen Hemisphäre anfangs zu einer genauso abrupten Temperaturabsenkung wie sie auch am Ende, vor 11‘700 Jahren, in einem Temperaturanstieg von bis zu zehn Grad in weniger als zwanzig Jahren überleitete.

Mechanismen unklar

Bis anhin gibt es zwar etliche Studien, welche die eiszeitlichen Bedingungen über den Zeitraum der Jüngeren Dyras während 1'200 Jahre gut dokumentieren. Die Mechanismen, die sie herbeiführten, am Leben hielten und schliesslich in eine Zwischenkaltzeit führten, sind jedoch nicht eindeutig geklärt. Die Forscher glauben, dass weitere derartig hochauflösende Studien genaueren Einblick bringen könnten, wie Eiszeiten ausgelöst und wieder beendet werden.

Literaturhinweis:

Bakke J et al.: Rapid oceanic and atmospheric changes during the Younger Dryas cold period: http://www.nature.com/ngeo/journal/vaop/ncurrent/full/ngeo439.html (DOI: 10.1038/ngeo439)

 
Leserkommentare: