Veröffentlicht: 14.11.08
Weltrekord

Eine Million Umdrehungen pro Minute

Forschende der Professur für Leistungselektronik der ETH Zürich haben in Zusammenarbeit mit Industriepartnern die magische Drehzahlgrenze von einer Million Umdrehungen pro Minute geknackt. Dies ist die höchste Drehzahl, die je von einem elektrischen Antriebssystem erreicht wurde.

Franziska Schmid
Links die gesamte Maschine mit Stator und Rotor, in der Mitte ein einzelner Rotor, rechts die Elektronik. (Bild zVg)
Links die gesamte Maschine mit Stator und Rotor, in der Mitte ein einzelner Rotor, rechts die Elektronik. (Bild zVg) (Grossbild)

In der Zukunft soll der Bohrer in der Materialbearbeitung noch schneller und der Kompressor für Fahr- und Flugzeuge noch kompakter werden. Um diese rotierenden Anwendungen direkt, effizient und geregelt anzutreiben, braucht es elektrische Antriebssysteme mit entsprechenden Drehzahlen und Leistungen. Bisher erreichen industriell eingesetzte Motoren Drehzahlen bis üblicherweise 250'000 Umdrehungen pro Minute. Nun haben Forschende der Professur für Leistungselektronik der ETH Zürich in Zusammenarbeit mit dem Motorenhersteller ATE und dem Kugellagerhersteller myonic ein Antriebssystem entwickelt, das Drehzahlen von über 1‘000‘000 Umdrehungen pro Minute erreicht.

Klein, verlustarm und leistungsstark

Das neue Antriebssystem generiert eine Leistung von 100 Watt und ist kaum grösser als eine Zündholzschachtel. Die Rotorkonstruktion besitzt einen Titanmantel, der auch extremen Zentrifugalkräften widersteht, und die Kugellager sind optimiert für höchste Drehzahlen. Je höher die Drehzahl ist, desto höher werden aber auch die Verluste. Die Forschenden der ETH Zürich konnten dieses Problem durch einen besonders verlustarmen Stator lösen. Für die Wicklungen werden ultradünne Kupferdrähte verwendet. Diese sind in einen Zylinder aus speziellem Eisen eingelegt, das bisher nicht für Maschinen eingesetzt wurde. Zudem wird die Maschine mit einer spezifisch für diese Drehzahlen ausgelegten Elektronik gespeist.

Normalerweise muss die Position des Rotors genau durch einen Winkelsensor erfasst werden. Das neu entwickelte Antriebssystem kommt ohne einen Sensor aus, weil die Lage des Rotors automatisch anhand der Spannung innerhalb des Systems bestimmt werden kann. Dass auf Sensoren verzichtet werden konnte, ist ein Mosaikstein in der Entwicklung, der letztendlich zum Erfolg des Forschungsteams führte. «Unser Ziel, die Millionen-Grenze zu überschreiten, war klar, aber erst durch die Kombination von neuen Technologien und Materialien gelang uns der Durchbruch», so Christof Zwyssig, Doktorand an der Professur für Leistungselektronik.

Den richtigen Dreh für kleinere Handys

Basierend auf diesen Forschungsresultaten gründete Christof Zwyssig zusammen mit Martin Bartholet, ebenfalls Doktorand an derselben Professur, im August 2008 die Spin-Off-Firma Celeroton. Sie wird die Labortypen industrietauglich machen mit dem Ziel, ultrahochdrehende elektrische Antriebssysteme für verschiedene Industriezweige und Anwendungsbereiche anbieten zu können. Celeroton wird zum Zulieferer für Firmen, die zum Beispiel schnelldrehende Bohrmaschinen herstellen. Der Trend zu immer kleineren Handys und anderen Elektrogeräten führt dazu, dass auch immer kleinere Löcher für die Elektronik gebohrt werden müssen. Dies gelingt nur mit einem Antriebssystem, das eine hohe Drehzahl aufweist. „Eine Spin-Off-Firma ist in meinen Augen der direkteste Transfer von Forschungsergebnissen in die Industrie. Unsere Erkenntnisse werden schnell in konkrete Anwendungen und Produkte umgesetzt“, so Johann Kolar, Leiter der Professur für Leistungselektronik.

 
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