Veröffentlicht: 25.04.08
Verfahren zur Bestimmung von Virenstämmen

DNS-Puzzle

Durch ihre Vielfältigkeit auf Grund ständiger Mutation entwickeln Viren leicht Resistenzen gegen Medikamente. Die Mutationen sind auch dafür verantwortlich, dass es bisher nicht gelungen ist, einen Impfstoff gegen HIV herzustellen. Um beides in den Griff zu bekommen müssen die vorhandenen Virenstämme im Wirt bekannt sein. Ein neu entwickeltes Verfahren von Forschenden aus der Schweiz und Amerika verspricht nun Hilfe bei der Identifizierung von vielfältigen Viruspopulationen.

Simone Ulmer
Eine infizierte T-Helferzelle (Lymphozyt), von der HIV Partikel abknospen. (Bild: Oette, M., Kaiser, R. & Häussinger, D., eds (2004), Resistenz in der HIV-Therapie: Diagnostik und klinisches Management, UNI-MED Verlag, Bremen, Germany)
Eine infizierte T-Helferzelle (Lymphozyt), von der HIV Partikel abknospen. (Bild: Oette, M., Kaiser, R. & Häussinger, D., eds (2004), Resistenz in der HIV-Therapie: Diagnostik und klinisches Management, UNI-MED Verlag, Bremen, Germany) (Grossbild)

Das Verfahren basiert auf einer Hochdurchsatz-DNS- ­ ­Sequenziertechnik der nächsten Generation, der sogenannten Pyrosequenzierung. Es handelt sich dabei um eine seit 2003 im Einsatz befindliche Technik, mit der dies effizient und kostengünstig durchgeführt werden kann, erklärt Niko Beerenwinkel, Assistenzprofessor am Departement für Biosysteme der ETH Zürich. Er ist Mitautor einer heute in der Fachzeitschrift PLoS Computational Biology publizierten Studie, in der es den Forschenden gelang, die Virenstämme von vier mit dem HI-Virus infizierten Patienten zu identifizieren.

Lichtsignale identifizieren Bausteine

Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen die DNS der HI-Viren mittels der Pyrosequenziertechnik. „Dabei wird die Abfolge der DNS-Bausteine durch Synthese des komplementären DNS-Strangs bestimmt. Jede neu eingebaute Base wird durch ein Lichtsignal erkannt. Dieses Verfahren ist zwar nur für kurze DNS-Segmente zuverlässig, kann dafür aber stark parallelisiert werden, was letztlich zu einer sehr grossen Anzahl kurzer Segmente führt“, erklärt Beerenwinkel.
Die DNS-Segmente der HIV-Proben setzten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen nun mit einem von ihnen entwickelten rechnergestützten Verfahren zu Virenstämmen zusammen. Wie bei einem Puzzle werden dabei passende DNS-Segmente zu den vollständigen Sequenzen der verschiedenen Stämme zusammengefügt. Zuvor wisse man weder wie viele, noch welche Stämme in der Probe enthalten sind und auch nicht welche DNS-Segmente zum gleichen Stamm gehören, erklärt Beerenwinkel.

Fehlerrate minimiert

Der Nachteil wäre aber, so Beerenwinkel, dass die Segmente sehr kurz seien und eine hohe Fehlerrate in sich bergen können. Anhand der von den Forschenden entwickelten mathematischen und statistischen Werkzeuge zur Fehlerkorrektur konnten sie mit ihrem Verfahren jedoch die Fehlerrate etwa um den Faktor 30 reduzieren und die zu den DNS-Segmenten gehörenden Virenstämme zuverlässig bestimmen. Dies zeigte der Vergleich mit herkömmlichen Methoden, bei der lange DNS-Segmente mit hoher Genauigkeit bestimmt werden können. Hierfür wählten sie zufällig einzelne Viren aus der Population aus und bestimmten die Abfolge der einzelnen DNS-Bausteine mit traditionellen Methoden. Es zeigte sich, so Beerenwinkel, dass die Ergebnisse sehr ähnlich waren, die Pyrosequenzierung jedoch rascher und kostengünstiger arbeitet und mit dieser – im Gegensatz zu herkömmlichen Verfahren – ganze Viruspopulationen leichter erfasst werden können.
Die entwickelte Methode erlaubt den effizienten Einsatz neuer Sequenziertechniken, mit der die genetische Vielfalt der ganzen Viruspopulation eines infizierten Patienten bestimmt werden kann. Dies kann für die medikamentöse Therapie von Viruserkrankungen und für die Impfstoffentwicklung einen grossen Fortschritt bedeuten. Denn dadurch könnte es möglich werden, Medikamente gezielter einzusetzen und somit Resistenzbildungen zu verhindern. Zudem könnte die Entwicklung von Impfstoffen erleichtert werden.

 
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