Veröffentlicht: 19.02.08
Visualisierte Luftströmungen

Rekordbrechende Simulation von Flugwirbeln

Beim Starten oder Landen eines Flugzeuges entstehen gefährliche Wirbel. Die Kombination von optimierten numerischer Methoden, einem Supercomputer und hochentwickelter Visualisierungsmethoden machte sichtbar, wie dabei die primären und sekundären Wirbelströme erzeugt werden und die sekundären zum Zerfall der primären Wirbelströme führen.

Simone Ulmer
Luftverwirbelungen wie sie beim Starten oder Landen eines Flugzeuges entstehen. Photo: NASA Langley Research Center.
Luftverwirbelungen wie sie beim Starten oder Landen eines Flugzeuges entstehen. Photo: NASA Langley Research Center. (Grossbild)

Eine „Rekord brechende Simulation“ von Wirbelschleppen, die durch Wirbelströme bei der Landung oder dem Start eines Flugzeugs entstehen, sei ihnen gelungen, erklären Philippe Chatelain, Michael Bergdorf, Postdocs, Diego Rossinelli, Doktorand und Petros Koumoutsakos, Professor am Institut für Computational Science der ETH Zürich und Alessandro Curioni und Wanda Andreoni von der Abteilung für Computational Sciences des IBM Forschungslabor Zürich in Rüschlikon. Dabei konnten die Wissenschaftler mittels hochauflösender Berechungen um zwei bis drei Grössenordnungen genauer als bisher die Wirbel simulieren, die bei dem Start- oder Landevorgang eines Flugzeuges erzeugt werden. Die Simulation habe auch Details sichtbar gemacht, wie die Wirbelschleppen instabil werden, erklärt Alessandro Curioni. Dadurch könne wiederum die dahinterstehende Physik besser verstanden und somit im Flugzeugbau genutzt werden.

Modellierung der Luftströmung

Für die Modellierung der Strömung wurde die Luft in kleinste Teile aufgeteilt, die dann als voneinander unabhängige Partikel simuliert wurden. Anstatt wie bisher das Verhalten von mehreren Millionen Partikeln zu studieren, gelang dies nun den Züricher Forschern mit bis zu 6 Milliarden Partikeln. Die Wissenschaftler publizierten ihre Ergebnisse in „Computer Methods in Applied Mechanics and Engineering".

Die Wirbelschleppen, die von Flugzeugen beim Lande- oder Startvorgang erzeugt werden, sind gefährlich: Sie können ein nachfolgendes Flugzeug zum Absturz bringen. Durch die spezielle Simulation in hoher Auflösung konnten die Forschern nun erstmals sichtbar machen, wie kleinste Wirbel in Wechselwirkung treten. Dabei gelang es ihnen, ein bis anhin nicht erreichten grossen Wert der so genannten Reynold-Zahl zu erreichen. Je grösser dieser Wert sei, umso realistischer ist die Simulation, erklärt Petros Koumoutsakos. Denn die Zahl charakterisiere die Wirbelschleppe der Flugzeuge und ist proportional zur Flugzeuggeschwindigkeit und der Spannweite der Flügel. Auf der anderen Seite nehme die Anzahl an Rechenelementen, die notwendig sei, diese Wirbel zu simulieren, proportional zum Quadrat der Reynoldszahl zu und begrenzt somit die Möglichkeit, diese rechnerisch zu simulieren. Obwohl man mit der neuen Simulation der Realität so nahe wie noch nie gekommen ist, sei es das gemeinsame Ziel der ETH-Forschenden und der Wissenschaftler von IBM, noch realistischere Flugbedingungen simulieren zu können, sagt Koumoutsakos.

Umweltbelastung reduzieren

Die Forscher nutzten für ihre Simulation einen von IBM zur Verfügung gestellten Supercomputer mit 16'000 Prozessoren - dies entspricht etwa 10'000 modernen Laptops. Die Studie kann durch daran angepasste Flugzeugkonstruktion dazu beitragen, die Wirbelbildung zu vermindern und ihre Selbstzerstörung zu beschleunigen. „Das ist für die Flugsicherheit, die Lärmreduktion und Luftverschmutzung von höchster Bedeutung“, sagt Koumoutsakos. „Die Struktur der Wirbel können sich erheblich auf den Treibstoffverbrauch auswirken“, erklärt Michael Bergdorf. Ausserdem würde ein grosser Teil des Flugzeuglärms von den Wirbeln erzeugt und auch getragen.

Flugfrequenz erhöhen

Der weltweite Luftverkehr wächst jährlich um etwa fünf Prozent. Bis 2025 soll sich die Anzahl der Passagiere verdoppeln. Dies wird zu Engpässen bei den Flughäfen führen. Sollte es gelingen, durch genaue Kenntnis der Wirbelerzeugung und deren Wirkung die Flugzeuge so zu konstruieren, dass sich weniger Wirbel bilden und sich diese schneller selbst zerstören, könnten dadurch aber auch die vorgeschriebenen Abstände zwischen Start- und Landezeiten verkürzt und somit die Frequenz gesteigert werden.

Literaturhinweis

Chatelain, P. et al.: Billion vortex particle direct numerical simulations of aircraft wakes, Computer Methods in Applied Mechanics and Engineering 197, 1296-1304 (2008), doi:10.1016/j.cma.2007.11.016

 
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