Maschine als Zwilling
Roboter fürs Kaffekochen? Hiroshi Ishiguro von der Universität Osaka will mehr. Sein Maschinenzwilling Geminoid sieht ihm nicht nur zum Verwechseln ähnlich, er setzt auch neue Massstäbe in der Mensch-Maschine-Interaktion.
Star Wars ist definitiv kalter Kaffee. Verglichen mit dem,
was Hiroshi Ishiguro, Professor am Department of Adaptive Machine Systems in
Osaka am Mittwoch, 5. September, in seinem Vortrag als Keynote-speaker an der
AIM-Konferenz an der ETH präsentierte, wirken C-3PO und R2-D2 der Filmserie wie die Dinosaurier der Roboterwelt. In der
Klassifikation des japanischen Wissenschaftlers kann man sie allenfalls auf die
Stufe der Humanoiden einordnen, sprich Maschinen, die zwar gewisse
menschenähnliche Funktionen ausführen können, aber eindeutig als Maschinen
erkennbar sind.
Immerhin, R2-D2 hatte mit seinem gedrungenen Tonnenkörper offenbar schon Anklänge ans Kindchenschema, was ihn zum erklärten Liebling aller Kinobesucher machte. Damit hat er gemäss Ishiguro schon eine wesentliche Voraussetzung für eine verbesserte Mensch-Maschinen-Kommunikation erfüllt. "Menschen humanisieren, womit sie kommunizieren. Die Mensch-Maschinen-Interaktion wird wesentlich verbessert, wenn die Maschine humanoid ist", erklärte der Forscher. "Ich betrachte Roboter als Informationsmedium; ein Informationsmedium, das wesentlich besser an den Menschen angepasst ist als zum Beispiel das Internet. In ca 5 Jahren werden wir überall Robotern begegnen, die einfache Dienstleistungen ausführen, wie heute schon vereinzelt zum Beispiel als Guides in Museen, 'Auskunftspersonen' in Flughäfen, Bahnhöfen oder Einkaufszentren oder als Haushalthilfen." Werden die Fragen komplexer, kann ein menschlicher Operator im virtuellen Hintergrund den Roboter unterstützen.
Das fast perfekte Double
Doch der Ehrgeiz
des Forschers geht viel weiter als mobile Guides oder Küchenhilfen zu
konstruieren. Seine Roboter sollen der menschlichen Interaktion so nah wie
irgend möglich kommen. Das bedeutet nicht nur, dass der Roboter sich orientieren,
bewegen und artikulieren kann, sondern dass er so aussieht wie ein Mensch, dass
er sich bewegt wie ein Mensch, sogar auch dass er reagiert wie ein Mensch. Dann
wird der Humanoid zum Android. So entwickelten Forschergruppen in
Zusammenarbeit mit Ishiguro eine weiche Hautoberfläche, die Berührungen
wahrnimmt und darauf mit entsprechenden Bewegungen reagiert. Kneift man
Ishiguros Roboter ins Bein, wird er "empört" den Blick dorthin wenden.
Ishiguros Roboter brauchen Sozialkompetenz bis hin zu der Frage, wie intensiv
und stetig der Augenkontakt zwischen Roboter und menschlichem
Interaktionspartner sein muss.
Den Forschern um Ishiguro ist es inzwischen
gelungen, so täuschend menschenähnliche Maschinen zu bauen, dass
Versuchspersonen einige Sekunden brauchen um zu realisieren, dass sie eine
Maschine vor sich haben. Sein maschineller Doppelgänger "Geminoid" sei nun durchaus
schon ein recht valabler Spielpartner für seine fünfjährige Tochter, führte der
Forscher aus. Nun gehe es darum, einerseits diese hochkomplexen Systeme
technisch sicher zu steuern und andererseits neue, fast schon philosophische
Fragen der menschlichen Interaktion wie Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung,
Autorität und Autonomie mit der Maschine zu erkunden. Denn so komplex allein
schon die technischen Probleme seien, Forschung über Roboter bedeute immer auch
Forschung über Menschen. Denn ohne die genaue Kenntnis des Menschen sind
Roboter, wie Ishiguro sie versteht, gar nicht denkbar. Der Roboter, mein perfekter
Zwilling – bei Ishiguro ists fast schon Realität.
Schnittmenge zwischen Natur und Künstlichem
Ursprünglich ins Leben
gerufen, um Arbeiten in Mechatronic und System Engineering zu fördern, ist die International
Conference on Advanced Intelligent Mechatronics (AIM), die dieses
Jahr vom 4.-7. September an der ETH Zürich stattfand, heute ein Forum für den
Austausch von Ideen, an welcher auch technischen Errungenschaften präsentiert
werden und eine Plattform, um zukünftige Entwicklungen zu diskutieren.
Die AIM 2007 will vor allem die Schnittmenge zwischen "Natürlichem"
und "Künstlichem" untersuchen, die in Gebieten wie dem
Bio-Engineering oder bei intelligenten Transportsystemen eine wichtige Rolle
spielen. Als ein Hauptredner der Konferenz präsentierte Hiroshi Ishiguro (Osaka
University, Japan) „Studies on Humanoids and Androids“. Bis heute hat der
Forscher diverse Humanoiden und Androiden entwickelt. Zusätzlich zu praktischen
Anwendungen von Robotern dienen diese auch dazu, besser zu verstehen, was
spezifisch menschlich ist. Weitere Key Note Sprecher waren: Gernot Spiegelberg
(Siemens VDO) über „Pioneering drive by wire technology“ und Rudolf Bannasch
(EvoLogics, GmbH) mit „Morphological intelligence in nature and in bionic
applications“.
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